Rezension

Alles auf Neuanfang

Not Working - Lisa Owens

Not Working
von Lisa Owens

Bewertet mit 4 Sternen

Wenn Claire Flannery eines weiß, dann, dass sie für ihr Glück alleine verantwortlich ist. Claire ist Mitte zwanzig, lebt in London und hat einen Freund, der ziemlich viel arbeitet. Claire selbst hat sich gerade ausgeklinkt, ihren Job gekündigt. Weil der nicht zu ihr gepasst hat. Aber: Was passt eigentlich so richtig zu ihr? »Ich erinnere mich noch gut daran, wie es in deinem Alter war. Klar, ich hatte da schon vier Kinder, aber das moderne Leben ist anders, du hast so viele Möglichkeiten", sagt die Großmutter und trifft den Nagel auf den Kopf. So treibt Claire durch die Stadt, mal mit, mal gegen den Strom, und beobachtet, was anderen Leuten verborgen bleibt – die arbeiten ja gerade. Ob das auf Dauer gut geht? – Lisa Owens erzählt vom unwiderstehlichen Druck, sich selbst zu finden, und hat mit Claire Flannery die Flaneurin des 21. Jahrhunderts geschaffen. (Quelle: Amazon)

Das Buch ist sehr interessant und außergewöhnlich strukturiert. Die Autorin hat hier einmal abweichend von der Norm keine Einteilung von Kapiteln gewählt, sondern die Geschehnisse immer mit einem Nomen gekennzeichnet (wie z.B. Partyzeit). Zunächst wirkt das etwas befremdlich, weil die Abschnitte oft nur ein paar Sätze umfassen, doch schnell gewöhnt man sich daran und das Buch lässt sehr schnell und flüssig lesen. Mir gefiel diese Anordnung, denn die oft sehr kurzen bis kurzen Abschnitte waren oft für die eigentliche Handlung eher unbedeutend, aber doch knackig und vor allem herrlich britisch und humorvoll.

Claire geht hier einen Schritt, der in unserem gesellschaftlichen Model eigentlich nicht wirklich vorgesehen ist. Arbeit kann man verlieren, weil man krank ist, weil man sich was Neues gesucht hat oder weil man gekündigt wurde, aber dann fest entschlossen ist sich was Neues zu suchen. Doch Claire kündigt ihren Job, weil sie der Meinung ist, dass es nicht der Richtige für sie ist und sie sich in Ruhe Zeit nehmen möchte den richtigen Job für sie zu finden. Von ihrem gesamten Umfeld, Familie und Freunde, wird sie dafür erwartungsgemäß kritisch beäugt und die Leute versuchen sich immer höflich auszudrücken. Dennoch ist deutlich spürbar, was sie wirklich darüber denken. So ein Ausstieg ist gesellschaftlich einfach nicht vorgesehen. Einzig von ihrem Freund Luke von Claire unterstützt. Auch wenn hier und da zu einige Konflikten kommt, ist dennoch spürbar, dass er sie unterstützt. Mit Mitte zwanzig werden an Claire auch noch andere gesellschaftliche Anforderungen wie Heirat und Kinder gestellt. Auch hier muss sich Claire gefühlt ständig rechtfertigen, dass sie eben auch hier andere Vorstellungen bzw. auch keine Eile hat. Mir hat gut gefallen, dass Claire sich hier aber nicht in die Ecke drängen lässt und versucht hier für den von ihr gewählten Weg einzustehen.

Ich fand es oft erschreckend, wie man über sie geurteilt hat und wie oft sie sich für den Ausstieg aus dem Hamsterrad entschuldigen musste. Aus eigener Erfahrung kann ich aber feststellen, dass die Reaktionen des Umfelds hier absolut nicht übertrieben dargestellt sind, sondern leider der Realität entsprechen. Vor allem junge Frauen, die in Claires Alter sind, müssen sich gefühlt über ein Jahrzehnt rechtfertigen, falls Heirat und Kinder (noch) kein Thema sind, genauso wie noch einmal nach einer anderen beruflichen Herausforderung zu suchen. Das ist schwer verständlich, weil doch scheinbar noch das Ganze Leben vor einem liegt und heutzutage es auch möglich ist noch einmal einen ganz anderen beruflichen Weg einzuschlagen. Gut für den, der wie Claire erkannt hat, dass der Job nicht das ist, was einen zufrieden macht.

Das Buch weist keine besonders hohen Spannungsbogen auf und auch das Ende ist teilweise offen, dennoch gefiel mir der britische Charme und vor allem Claire sehr gut. Ich mochte ihren humorvollen, teils trockenen Art sehr gerne und habe das Buch gerne gelesen. Ich denke, es ist für jeden etwas, der im Leben mal kurzzeitig austeigen möchte. Hier bekommt man einen Vorgeschmack, was einen dann von seinem Umfeld zu erwarten hat.