Rezension

Alltag Jugendlicher der Elfenbeinküste

Aya. Bd.1
von Marguerite Abouet Clément Oubrerie

Bewertet mit 5 Sternen

Aya wächst in Yopougon, einem Stadtteil von Abidjan an der Elfenbeinküste, auf. Zur Familie der 19-Jährigen gehören außer den Eltern zwei jüngere Geschwister. Aya und ihre Freundinnen, die kurz vor dem Schulabschluss stehen, müssen sich bald entscheiden, ob sie einen Beruf lernen oder sich einen reichen Ehemann angeln werden. "Frisieren, Schneidern, Heiraten" kann man sich als Lebensplan für die kluge Aya kaum vorstellen. Ayas Traum Medizin zu studieren lässt sich kaum mit den Wünschen ihre Vaters vereinbaren, der sie mit dem nichtsnutzigen einzigen Sohn seines Chefs verkuppeln will. Hyacinthe, der Vater von Ayas Freundin Adjoua, spielt die Rolle des afrikanischen Paschas. Wenn er nachts beim Heimkommen die Füße seiner Lieben zählt, die unter den Decken hervorragen, ist er glücklich. Sechs der Schlafenden sind Hyacinthes Kinder, die anderen wahrscheinlich Neffen oder Nichten, die bei ihm aufwachsen. Die dritte im Bunde der Freundinnen ist Bintou, deren Vater Koffi mit den Vätern der anderen Mädchen ebenfalls einen Dreierbund bildet. Die enzige Möglichkeit für die jungen Leute einmal von Familie und Nachbarn unbeobachtet zu sein, bieten die verlassenen Marktstände, an denen sich nachts junge Paare im "Hotel der Tausend Sterne" treffen. Hervé, der Cousin Bintous, zeigt, dass nicht alle Jugendlichen die Chance auf einen Schulbesuch haben. Er ist nie zur Schule gegangen und schlägt sich in der Stadt mit Autorepraturen durch. Adjoua stellt fest, dass sie schwanger ist und behauptet, dass Moussa Sissoko (der nichtsnutzige einzige Sohn) der Vater des Kindes wäre.

Wie Mädchen überall auf der Welt reden Aya und ihre Freundinnen über Kleider, Haare und Jungs. Der demonstrative Reichtum der Familie Sissoko und ihr an amerikanischen Fernsehserien orientierter Geschmack stehen in Abouets Geschichte den Träumen der anderen Familien gegenüber, die sich mehrere Kinder und ein bescheidenes Auskommen wünschen. Während der erste von bisher fünf Bänden sich auf den Alltag junger Erwachsener konzentriert, vermitteln die folgenden Geschichten über Aya und ihre Freundinnen Einblick in das Leben der Eltern und weiterer Familienmitglieder.

Ayas Geschichte wird vom Illustrator Clément Oubrerie aus einzelnen Panels, Sequenzen und ganzseitigen Totalaufnahmen kombiniert. Nachtszenen und Wimmelbilder wechseln mir ruhigen Alltagszenen ab. Die aufwändig geflochtenen Frisuren einiger Frauen, traditionelle afrikanische Kleidung und sanfte Brauntöne der Illustrationen vermitteln stimmungsvolle Einblicke in den afrikanischen Alltag. Mit den Zukunftsvorstellungen der drei Freundinnen und den Stammtischthemen der drei Väter, die sich als "Weise Männer von Yop" treffen, zeigt Abouet mit Humor ein realistisches Bild afrikanischen Familienlebens.