Rezension

allumfassendes Buch für Metalfans oder solche, die es werden wollen

Metalmorphosen -

Metalmorphosen
von Jörg Scheller

Bewertet mit 4 Sternen

Metal einmal wissenschaftlich beschrieben, das hat Jörg Scheller in Metalmorphosen – Die unwahrscheinlichen Wandlungen des Heavy Metal. Dabei gibt es doch schon die, auf manchen Internetseiten erzählte Geschichte vom Prinzen, der Prinzessin und dem bösen Drachen. Verschiedene Stilrichtungen des Metal werden dort anhand der drei Protagonisten ausreichend erläutert. Prinz kommt auf Harley angebraust, tötet den Drachen, trinkt ein paar Bierchen und vögelt die Prinzessin. Kurz: Heavy Metal. Die anderen Versionen finden sich im Netz.

 

So hat es der Autor nicht gemacht. Im Gegenteil: sein Werk ist fast schon allumfassend zu nennen, was Zeiträume des Genre betrifft, wie sich der Metal in den Ländern und Erdteilen entwickelt hat, Geschlechterrollen im Metal und Einflüsse aus der Musikszene jeglicher Art beschrieben. Dabei sind manche Kapitel schwieriger zu erfassen als andere, was auch am Schreibstil beziehungsweise natürlich auch am Interesse des jeweils Lesenden liegen wird.

 

Da ich selbst nicht Musik studiert habe, habe ich die musiktheoretischen Analysen als interessant empfunden, konnte aber zum Teil nicht wirklich folgen. Und damit nicht beurteilen. Die Interviews der verschiedenen Bandmitglieder waren da für mich schon reizvoller. Hier werden die auf dem Rückentitel erwähnten Verknüpfungen von Kosmetik und Psychotherapie mit dem Metal schnell klar. Denn viele Musiker haben noch ein Leben neben der Band und empfinden es als völlig normal, beides sehr gut miteinander zu verbinden.

 

Metal, das bedeutet für die Meisten vor allem Freiheit in jeglicher Hinsicht. Was den Stil betrifft: Weiterentwicklungen, Rückentwicklungen, ein Nebeneinanderher, ein Verbinden, Trennen, wieder Einfangen, Neubeginn und/oder Besinnung auf den Anfang. Der Tausch von Demobändern rund um die Welt ist das verbindende Glied in der Kette von Fans und Bandmitgliedern, vom Beginn der Zeitrechnung dieses Musikstils.

 

Scheller beschreibt die Einflüsse von Rock, Klassik, Punk und anderen Richtungen, die Virtuosität der Musikstücke, die Auftritte der Bands und wie sie sich gegenseitig unterstützen und Vorbild sind. Dabei vergisst er mitnichten, dass Drogen und Alkohol genauso dazu gehören, wie, leider, in manchen nordischen Ländern das Abfackeln von Kirchen und schlimmeren. Letzteres hat allerdings auch wieder aufgehört.

 

Von der Arbeiterklasse bis zu verwöhnten Gören, von Glaubensrichtungen und Ritualen, die dann doch keine sind oder sein wollen/sollen, vom Zusammenhalt in dieser speziellen Gruppe und doch auch Trennendes, das wird beschrieben. Natürlich stehen heterosexuelle Menschen oder wie sie als solche empfunden werden an erster Stelle. Dabei zeigen früh die Verkleidungen und Schminkexzesse, dass Homosexualität ebenfalls eine Rolle spielten und spielen. Und auch wenn gerade Frauen sowie Menschen anderer Gesellschaftsschichten und Länder, anders als die harten weißen Kerle, in der Minderheit sind, so sind sie präsent und prägend für den Metal, wie der Autor erläutert.

 

Spaß an der Musik, am Liveauftritt, am Kauf/Verkauf der entsprechend gestalteten T-Shirts und Platten, das alles ist bis Heute unfassbar wichtig für die Metalgemeinde. Die mehrtägigen Events sind so verbindend und nahrhaft für die Seele des Metalfan wie das tägliche Brot und Flüssigkeit jeglicher Art. Vom Schmuddelkind, mit dem man nicht spielen, deren Musik man bei Strafe nicht folgen durfte, hat es sich mit den Generationen gewandelt. Die Eltern und manchmal schon Großeltern sind schließlich schon immer Metalfans gewesen, so sollen auch die Kinder ihren Spaß haben.

 

Beeindruckend umfassend sind die Beschreibungen rund um die Szene, die mehrere Jahrzehnte umspannen, mit einer Wortevielfalt, die seinesgleichen sucht. Auf dem Rückentitel ebenfalls erwähnt wird:

Mit musiktheoretischen Analysen von Dennis Bäsecke-Beltrametti und Interviews mit Sabina Classen (Holy Moses), Cronos (Venom), Ben Weinman (The Dillinger Escape Plan), Mille Petrozza (Kreator), Freddy Lim (Chthonic) und Prika Amaral (Nervosa).

 

Auf weiterführende Internetseiten findet sich so einiges interessantes über den Autor wie auf Wikipedia unter: https://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%B6rg_Scheller# aber auch auf seiner eigenen unter: http://www.joergscheller.de/