Rezension

Als Novelle überzeugend

Sirenenlied - Tanja Heitmann

Sirenenlied
von Tanja Heitmann

*Worum geht's?*
Der 21-Jährige Joshua Galbright, genannt Josh, lebt als heiß begehrter Junggeselle auf der kleinen schottischen Insel Cragganmore, auf der Jeder jeden kennt. Da er noch nicht recht weiß, was er mit seinem Leben anfangen soll, lebt er planlos in den Tag hinein. Das er sein Glück nicht in einer großen Stadt versucht, liegt am Meer. Seit jenem verhängnisvollen Tag vor sieben Jahre, als Josh sich einer Sirene versprach, zieht es ihn magisch an. Nun fordert die betörende Sirene mit dem wunderschönen Gesang ihr Versprechen ein: Josh soll sie ins Wasser begleiten. Doch da hat sie ihre Rechnung ohne Eileen gemacht, der aufgeweckten jungen Frau, die sich in Josh verliebt hat...

*Kaufgrund:*
Als ich meine Großbestellung bei Thalia aufgab, hatte ich noch einen kleinen Restbetrag auf meiner Gutscheinkarte, den ich dort nicht ruhen lassen wollte. Also hielt ich nach einem günstigen Buch Ausschau und stieß dabei auf Tanja Heitmanns Novelle "Sirenenlied".

*Meine Meinung:*
Ich ging sehr zwiegespalten an das Buch heran. Zuvor habe ich bereits zwei Romane von Tanja Heitmann gelesen: "Morgenrot" und "Wintermond". Während ich vom Ersten überhaupt nicht begeistert war und mich regelrecht durch die Geschichte quälen musste (Ich breche Bücher einfach so ungerne ab!), hat mir "Wintermond" besonders durch die Sprache doch ganz gut gefallen. Ich war ganz gespannt darauf, wie mir "Sirenenlied" gefallen würde.

Bei Tanja Heitmann ist es etwas schwierig zu erkennen, welche ihrer Geschichten für Jugendliche, und welche für Erwachsenen geschrieben wurden. Vorab möchte ich an dieser Stelle erwähnen, dass es sich bei der Novelle eindeutig um ein Buch für Erwachsene handelt. Auch wenn es keine expliziten erotischen Szenen gibt, so sind doch viele Andeutungen vorhanden.

Heitmann thematisiert in ihrer Novelle mal nicht die typischen phantastischen Wesen wie Vampire, Werwölfe oder Engel, sondern spezialisiert sich auf Meereswesen: Die Sirenen. Wer sich bei den Neuerscheinungen der nächsten Monate umschaut wird erkennen, dass diese neben den Meerjungfrauen anscheinend groß im Kommen sind.

Den Handlungsverlauf fand ich sehr interessant, gut durchdacht und schön konstruiert. Ich könnte mir gut vorstellen, dass die gesamte Atmosphäre der Geschichte viel besser auf den Leser wirken würde, wenn er selbst an einem Strand wäre. Ich erlaube mir an dieser Stelle, "Sirenenlied" als Strandlektüre zu bezeichnen. Wer seinen nächsten Urlaub am Meer plant, kann sich dieses Buch guten Gewissens mit in den Koffer packen.

Ein kleines Minus stellen für mich die Figuren dar. Allesamt hinterließen nur einen netten Eindruck bei mir. In ihren Charaktereigenschaften sind sie gut ausgearbeitet worden; sie sind alle individuell und gleichen einander nicht wie ein Ei dem anderen. Trotzdem fiel es mir sehr schwer, mich mit einem von ihnen zu identifizieren. Auf eine distanzierte Weise blieben mir die Personen fremd und erschienen oberflächlich. Bis auf Josh vollzieht kein Charakter einen Wandlungsprozess, und selbst bei ihm wird nur knapp angeschnitten, wie aus dem pubertären Teenager ein bodenständiger Mann geworden ist. In einer Novelle erwarte ich keine riesigen Veränderungen, aber gar kein Wandel lässt die Figuren langweilig werden. Bloß die verführende Sirene hat mich überzeugen können. Durch ihre Art, ihre Persönlichkeit und ihre Handlungen merkt man, dass sich Tanja Heitmann gut über die Mythologie dieser Meereswesen informiert hat.

Normalerweise ist es für mich immer ein großer Kritikpunkt, wenn ein Buch zu wenig Seiten hat und die Geschichte dadurch zu kurz kommt. Hier muss ich allerdings von diesem Punkt Abstand nehmen; bei "Sirenenlied" handelt es sich schließlich - und dies wird ausdrücklich erwähnt - um eine Novelle.

*Cover:*
Das Cover gefällt mir nicht besonders gut. Im Vordergrund steht - wie so oft - ein Frauengesicht. Mit solchen Motiven kann ich generell wenig anfangen. Bis auf die strahlend blauen Augen der Frau, erinnert mich nichts an die Geschichte hinter diesem Cover. Kein Bezug zum Text, kein Bezug zum Titel. Damit ist das "Titelbild", ich mag es ja kaum als solches bezeichnen, für mich durchgefallen.

*Fazit:*
Würde es sich bei "Sirenenlied" um einen vollwertigen Roman handeln, hätte er mich wohl nicht so überzeugen können. Dafür sind mir die Charaktere zu platt geblieben. Als Novelle hingegen hat mir das Buch überraschenderweise gut gefallen. Eine schöne Geschichte, die ich besonders für einen Strandurlaub empfehlen würde. Insgesamt vergebe ich daher (sehr) knappe 4 Sterne.