Rezension

Alter schützt vor gar nichts...

Der stille Sammler - Becky Masterman

Der stille Sammler
von Becky Masterman

Bewertet mit 4 Sternen

Das nenne ich mal einen ungewöhnlichen Thriller. Keine typische Ermittlerin hält hier das Zepter in der Hand, sondern eine ausgemusterte FBI-Agentin, die sich mit ihrem Ehemann, einem ehemaligen Priester, an den Rand der Wüste Arizonas zurückgezogen hat. Mit ihren 59 Jahren und leichten Hüftproblemen zieht Brigid Quinn gerne los und sammelt außergewöhnliche Steine. Der Prolog beginnt entsprechend und fast idyllisch, nur dass sie beim Steinesammeln beobachtet wird - von einem Mann, der auf ältere Frauen steht und von dem nichts Gutes zu erwarten ist. Dass er sich diesmal womöglich die falsche Frau ausgesucht hat, wird er später im Laufe der Geschichte noch erleben.
Doch eigentlich geht es hier um einen ganz anderen Fall. Obwohl Quinn schon lange nicht mehr für das FBI arbeitet, wird sie plötzlich zu einem Leichenfundort gerufen. Der einzig ungelöste Fall ihrer Karriere, der Route-66-Killer, kommt wieder auf den Tisch. Brigid hat jahrelang versucht, diesem Serienkiller auf die Spur zu kommen, denn immerhin hat der auch eine junge FBI-Kollegin, die als Lockvogel agiert hatte, auf dem Gewissen. Nun endlich steht die 59Jährige vor der mumifizierten Leiche der Vermissten, und der Fall scheint abgeschlossen, denn Floyd Lynch hat die Polizei zum Fundort geführt und scheint der Gesuchte zu sein. Aber Brigid Quinn ahnt, dass es so einfach nicht ist - irgendetwas stimmt da nicht. Der Meinung ist auch die FBI-Ermittlerin Laura Coleman, die die Ermittlungen im Fall Lynch leitet. Doch die beiden Frauen stoßen überall auf taube Ohren. Und schließlich verschwindet auch Laura Coleman...

Eine gegen alle - darauf läuft das ganze schließlich hinaus. Brigid Quinn ist eine toughe Frau, die sich die Butter nicht vom Brot nehmen lässt und sich notfalls mit allen anlegt. Ein sperriger Charakter, durchaus mit Prinzipien - die aber nicht unbedingt konform gehen müssen mit irgendwelchen Vorschriften oder Gesetzen. Als Coleman spurlos verschwindet und weder bei der Polizei noch beim FBI jemand einen Handlungsbedarf sieht, erwacht Quinns Jagdinstinkt und ihre Wut. Körperlich vielleicht nicht mehr die Fitteste, verhelfen ihr Berufserfahrung und Instinkt doch zu dem notwendigen Rüstzeug - auch wenn es manchesmal ganz schön haarig wird.

Dabei ist der Thriller abgesehen von einzelnen Szenen eher einer der ruhigen Art. Im Mittelpunkt steht die 59jährige ehemalige FBI-Agentin, und durch die Ich-Perspektive erlebt der Leser hautnah mit, was Quinn tut, denkt und fühlt. Spröde, drahtig, verschlossen, dabei immer einen passenden Spruch auf den Lippen - und gleichzeitig voller Furcht, ihr Mann könne hinter ihre Fassade schauen und ihr wahres Ich sehen. Trotz ihrer ruppigen Art mochte ich die Ermittlerin von Seite zu Seite mehr, erlebte mit, wie sie sich mit jedem Zug weiter in die Sch... ritt und vertraute letztlich doch darauf, dass  sie sich am eigenen Schopf wieder aus dem Sumpf zieht. Wie auch immer.

Die unverblümte Konfrontation mit einem liebenden Mann ist furchterregend. Sogar für mich...

Der flotte Schreibstil, der schwarze Humor, der sperrige Charakter der 'ollen Fregatte' und letztlich auch der eigentliche Fall - all das konnte mich für diesen Thriller einnehmen, der damit für mich ein gelungenes Debüt darstellt und mich neugierig werden lässt auf den zweiten Band der Reihe...

© Parden

Kommentare

kommentierte am 13. September 2015 um 11:56

Danke für diese tolle Rezension, es hat mir Spaß gemacht sie zu lesen.

parden kommentierte am 16. September 2015 um 09:53

Danke sehr! Ich freue mich immer, wenn die Rezensionen tatsächlich auch zur Kenntnis genommen werden... :)