Rezension

Anders als erwartet

70 Tricks, um nicht baden zu gehen - Gideon Samson

70 Tricks, um nicht baden zu gehen
von Gideon Samson

Bewertet mit 4 Sternen

~~Der 9jährige Gidd hat Angst vor dem Schulschwimmen. Alleingelassen mit seinem Problem entwickelt er Tricks um gegen seine Angst anzugehen.
Seine Mutter ist mit der Situation total überfordert und möchte irgendwie dass andere für sie "das Problem lösen". Schwimmen lernen soll er in der Schule, …und für die Ängste ihres Sohnes ist eine Psychologin zuständig.
Der raue Umgangston der Schüler untereinander –auch die Kommentare über den wohl geistig behinderten Mitschüler- spiegeln die Realität auf vielen Schulhöfen wieder.
Interessant ist nach diversen „Schwänztricks“ der Ausweg, den Gidd dann findet.
Er versucht sich selbst zu helfen, wird aktiv und macht sich auf den Weg...
Bei seiner Recherche stößt er auf sehr unterschiedliche Charaktere, die jedoch alle eines gemeinsam haben: Er vertraut ihnen sosehr, dass er von seinen Problemen und Ängsten spricht. Das Tolle daran ist, dass ihm eine alte Frau, ein Maler und die schönste Frau der Welt (übrigens: eine Mutter!) zuhören und ihn ernst nehmen.
Der eigentliche Anker in seinem Gedankengeflecht –„der Taubenmann“- ist eine pure Enttäuschung.  ...aber Kinder müssen auch lernen mit Enttäuschungen umzugehen...
 
Wer hier einen leichten und lustigen Kinderroman erwartet wird enttäuscht.
Vielmehr zeigt der Autor Gideon Samson in welcher Bredouille sich seine Hauptfigur befindet und manch einer mag sich beim Lesen fragen, „wie war das eigentlich bei uns damals?“ Mit viel Gespür kann der Leser in die Person des 9-Jährigen hinein wachsen und seine Gedankengänge nachvollziehen.
Es sind viele Klischees verarbeitet worden, einiges recht überspitzt dargestellt und eventuell persönliche Erinnerungen des Autors mit eingeflossen. Die Geschichte spielt in den Niederlanden und wirkt dadurch für uns manchmal etwas fremd.
Ich finde die Geschichte psychologisch anspruchsvoll und hätte es vom Alter her nicht schon bei 8 Jahren angesetzt, sondern eher für Jugendliche empfohlen (wenn die eigene Schulschwimmzeit vorbei ist).
Hervorragend sind die Illustrationen von Anke Kuhl. Sie ergeben eine "eigene" Geschichte, welche (wenn man sie hintereinander betrachtet) positiv endet...