Rezension

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Anfang super, Ende zu übertrieben

Ein Diktator zum Dessert - Franz-Olivier Giesbert

Ein Diktator zum Dessert
von Franz-Olivier Giesbert

Ich durfte an einer Leserunde teilnehmen, deren Genre eigentlich gar nicht auf mich zugetroffen hat. Allerdings hatten mich der Klappentext und das Cover so in seinen Bann gezogen, dass ich mich kurzerhand einfach bewerben musste.
Mit Erfolg! 
Es handelt also von einer 105jährigen Dame, namens Rose, die in einem Jahrhundert allerlei Leidenswege gehen muss. Als geborene Armenierin, beginnend beim Genozid durch die Türken, überlebt sie als einzige ihrer Familie, wird dann zum "Mädchen für alles" eines einflussreichen türkischen Mannes.
Als sie diesem entkommt, erfährt sie endlich wieder wahre Liebe und Geborgenheit im Hause eines Bauernpaares. Doch auch dies währt nicht von langer Dauer und sie stolpert von einer Schicksalsfalle in die nächste.
Rose verliebt sich in Gabriel, gründet mit ihm eine Familie, doch diese fällt der "Judenfrage" zum Opfer, wird verschleppt und ermordet.
Ein weiterer Schlag, der Rose dazu bringt sich zu "rächen".
Um nicht zu viel auszuplaudern, stoppe ich hier mit dem Inhalt....
Nur soviel noch: wer ist Renate Fröll und was hat es mit ihrer Trauerkarte auf sich?
Und was hat Himmler damit zu tun?
In einem Gegenwart-Vergangenheit Hin und Her erfahren wir von Roses Lebensepochen, wie sie sich nach Rache sehnt, wie sie diese umsetzt, wer ihr nützlich ist, wie und ob es ihrem "Leiden" Abhilfe schafft.
Franz-Oliver Giesbert schreibt in einem sehr gut lesbaren Stil.
Er unterlegt beinahe jede Textpassage mit ausführlicher Bildbeschreibung, was allerdings, meiner Meinung nach, auf Dauer zu viel des Guten ist, da es alles irgendwie in eine unmögliche Länge zieht.
Und genau das hat mir, wenn er noch so ausgezeichnet schreibt, den Lesespaß, nach etwas mehr als der Hälfte, verdorben.
Aber nicht nur das. Er hat es geschafft die Geschichte, besonders zur Zeit des Zweiten Weltkrieges, bis ins Unerbittliche auszuschmücken und Situationen zu überziehen.
Es hat furchtbar lang gedauert, bis ich diesen Roman fertig gelesen hatte.
Die anfängliche Lesebegeisterung war wie weggeblasen und kam auch leider nicht mehr zurück. Der Klappentext hatte mir definitiv etwas anderes versprochen.
"Politisch unkorrekt, humorvoll und geistreich" laut der Beschreibung.
Aber eines hat Herr Giesbert geschafft, außer mich zu quälen, ich konnte in Eigeninitiative noch ein paar wenige historische Lücken stopfen.
Ein großes Rätsel ist auch die Übersetzung des Titels:
Von "La cuisinière d'Himmler" zu "ein Diktator zum Dessert".
Wäre "die" Namensnennung eines Diktatoren im Titel doch abschreckender gewesen?
Fazit: überhaupt nicht mein Geschmack. Da lobe ich mir die Jugendlektüren, die sich thematisch in der selben Zeitleiste bewegen und mir einiges mehr geben.