Rezension

Anny Bunny

Anny Bunny -

Anny Bunny
von Nina Casement

Bewertet mit 5 Sternen

Anna entscheidet sich für eine Karriere als Pornostar, um der Armut zu entfliehen und hat den Preis dafür unterschätzt.

‘*‘ Meine Meinung ‘*‘
Ein Buch, das nicht für jeden geeignet ist und sich jeder genau überlegen sollte, ob er hinter die Kulissen der Pornobranche schauen möchte.
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, der Armut zu entfliehen und Anna hätte den Bildungsweg wählen können, denn intelligent genug ist sie. Doch sie entscheidet sich für den, wie sie findet, lukrativeren Weg, und wird Pornostar. Als ich las, dass sie ihr eigenes Pornolabel aufbaut, dachte ich mir, dieses Wissen hätte sie auch als Managerin einsetzen können. Sie weiß sich zu vermarkten und selbst als es an die Substanz geht, ändert sie nicht ihren Weg. Die Einblicke, die der Leser hinter die Kulissen erhält, sind erschreckend. Auch wenn es jetzt brutal und wenig mitfühlend klingt, hatte ich kein Mitleid mit Anna, denn sie ist freiwillig in die Branche eingestiegen und hat auch nach gewalttätigen Erfahrungen immer weiter gemacht. Sie hätte die Chance gehabt, ihren beruflichen Weg zu ändern, im Gegensatz zu vielen Frauen, die zu diesen Filmen und weit Schlimmerem gezwungen werden. Doch sie hat frei gewählt und zieht es wegen ihres Traums durch. Davor ziehe ich dann schon wieder den Hut.
Ich denke, die meisten Menschen, egal, ob sie diese Filme schauen oder nicht, haben sich nie Gedanken darüber gemacht, wie es für die Frauen nach Drehschluss weitergeht.
Parallel dazu lernen wir Phillip kennen, der asexuell ist. Sein Leben nimmt etwa ein Fünftel des Buches ein und war der krasse Gegensatz zu Annas Leben. Allerdings nicht weniger interessant. Beide Charaktere waren lebendig und absolut realistisch.
Der Fokus liegt auf Anna und ich war gespannt, wie sie den Ausstieg schafft, wenn sie ihn denn schafft, denn ihr Leben als Pornostar beeinflusst alles.
Der Schreibstil der Autorin ist niveauvoll und sie verzichtet auf reißerische Perspektiven. Ja, es geht zur Sache, aber immer mit dem Fokus auf Annas Seele und wie es ihr psychisch und physisch geht.
Ein Buch, welches nachwirkt und Aspekte beleuchtet, über die man sich einfach keine Gedanken macht. Ich vergebe 5 Anny-Sterne und eine Leseempfehlung an alle, die in dem Klappentext keinen Trigger für sich entdecken.

‘*‘ Klappentext ‘*‘
Anna ist eine Getriebene: Aufgewachsen im Berliner Plattenbau, lernt sie von klein an, sich mit dem Existenzminimum durchzuschlagen. Als ihre Eltern sterben, will sie der Armut um jeden Preis entkommen. Dafür sieht sie nur einen Weg: Pornostar zu werden. Selbstbewusst und mit unbarmherziger Disziplin stellt sie sich den Herausforderungen der Branche und vermarktet sich erfolgreich als "Anny Bunny". Doch derweil ihr Plan aufzugehen scheint, bleiben die physischen und psychischen Narben lange verborgen. Viel zu spät wird Anna bewusst, wie sehr das zerstörerische Frauenbild der Filme ihren Alltag beherrscht. Kann der Ausstieg in ein normales Leben gelingen?
Auch Phillip kämpft mit den sexuellen Erwartungen an ihn als jungen Mann, die seine Freunde mühelos zu erfüllen scheinen. Nach außen hin eine gewöhnliche Jugend erlebend, ist er innerlich zunehmend zerrissen und verunsichert - stimmt mit ihm etwas nicht? Ist er unfähig, eine glückliche Beziehung zu führen?

"Anny Bunny" nimmt den Leser mit auf eine Reise zu den Schattenseiten einer Industrie, die Lust verkauft, und erzählt aus zwei Perspektiven, die bislang kaum Beachtung finden.