Rezension

Arielle

Die Einsamkeit der Ersten ihrer Art -

Die Einsamkeit der Ersten ihrer Art
von Matthias Gruber

Bewertet mit 4 Sternen

Die Einsamkeit der Ersten ihrer Art – Matthias Gruber

Dies ist das bemerkenswerte Debüt eines österreichischen Autors, erschienen im Jung und Jung Verlag. So speziell wie das Coverbild in Kombination mit dem Titel bereits wirkt, so besonders ist auch das Thema dieses Romans.

Gruber erzählt von dem 14-jährigen Mädchen Arielle, das so anders ist, als gleichaltrige Jugendliche. Sie leidet unter einer erblichen Genveränderung – den genauen Namen der Krankheit erfährt man nicht. Mit ihrer sehr blassen Haut, nicht vorhandenen Schweißdrüsen, kaum Haaren auf dem Kopf und verkümmerten Zähnen im Mund, kann Arielle nicht mit gängigen Schönheitsidealen mithalten. Sie kann weder beim anderen Geschlecht punkten, noch in den alles beherrschenden sozialen Medien. Außerdem ist ihre Familie arm. Zusammen mit ihrem Vater räumt sie Häuser von Verstorbenen aus und findet dabei so einiges. Zum Beispiel ein Handy samt Fotos, die sie in den sozialen Medien hochlädt – mit überraschend großem Erfolg. Die Sache läuft jedoch aus dem Ruder, als ihre Mutter sich in den gefakten Account mit einklinkt und ein Geschäftsmodell wittert.

Auf den ersten Blick kommt dieses Werk wie ein klassischer Coming-of-Age-Roman daher. Das Mädchen, das abgesehen von ihrer Krankheit recht gewöhnliche Sorgen und Nöte hat, und auch die Sprache, die extrem eingängig und gut lesbar gehalten ist. Kein Wunder, ist es doch die Ich-Erzählerin Arielle, die uns in diese Geschichte mitnimmt. Gruber hat es nicht nötig, den Roman mit künstlich verkomplizierter Sprache aufzumotzen. Im Gegenteil entfalten die einfachen, teils kurzen Sätze ihre Wirkung. Vieles wird auch gar nicht ausgesprochen, sondern nur angedeutet, steckt zwischen den Zeilen.

Arielles Geschichte macht betroffen. Einige Stellen sorgen auch für Entsetzen. Es ist weniger das offene Mobbing, dem das Mädchen ausgesetzt ist, als vielmehr die kleinen Seitenhiebe und gut gemeinten Ratschläge. Dabei schlägt sie sich wirklich gut, doch was zählt wirklich in einer Welt, die von Social Media dominiert wird?

Ein sehr kluges Buch am Puls unserer Zeit, das die Oberflächlichkeit unserer Gesellschaft unter die Lupe nimmt und viele existentielle Fragen aufwirft.

Tolles Leseerlebnis, das nachdenklich stimmt.

4 Sterne