Rezension

Auf den Spuren der menschlichen Merkwürdigkeit.

Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt - Sven Regener

Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt
von Sven Regener

Bewertet mit 4 Sternen

Karl Schmidt ist da! Es kann losgehen!

 „Ich sah Raimund Schulte lange bevor er mich sah. Ich hatte gerade Paranoia und die Tür fest im Blick, weil Werner nicht wollte, dass wir ins Eiscafé gingen, und ich hatte die Pillen abgesetzt und Angst davor, dass Werner beim nächsten Plenum aus einem Eisbecher ,Monteverdi‘ ein großes Ding machen würde, da hätte ich kaum für mich garantieren können ohne Pillen.“

 

 

 

 

Viele kennen Karl Schmidt wohl als den engsten Freund von Herrn Lehmann. Ich kannte bisher beide nicht. Was sich als schwerwiegender Fehler herausgestellt hat.

Der neue Regener. Hohe Erwartungen. Ich kann nun leider hier keine vergleichenden Wertungen mit der Lehmann-Trilogie anbringen und muss daher werkimmanent vorgehen. Aber ich denke die "Kenner" werden vielleicht wenigstens einen Eindruck gewinnen und Neugierige bekommen vielleicht Lust auf diesen kuriosen Roman.

In "Magical Mystery" betrachten wir die Welt aus den Augen von Karl Schmidt (Charlie). Dieser ist nach einem Nervenzusammenbruch (an dem Drogenkonsum einen deutlichen Anteil hatte), nun seit mehreren jahren "clean". Nun arbeitet er als Hilfs-Hausmeistereiner einer Schule und verbringt den Tag mit anderen Ex-Junkies in einer betreuten Wohngemeinschaft. Sein Leben hat einen Spannungsbogen wie ein verstorbener Aal. Ziemlich ebenerdig. Hauptsächlich versuchen er und seine Mitbewohner den Betreuer Werner nicht aufzuregen, um einfach ihre Ruhe zu haben. 

Doch eine Begegnung mit Raimund Schulte, einem altgedienten Raver, mittlerweile Marke 50+, bringt positive Unruhe in Karls Alltag. Die beiden kennen sich aus Prä-Zusammenbruch-Tagen und haben sich seit langem nicht mehr gesehen. Raimund und der Rest der alten Clique sind immer noch im Musikgeschäft und planen eine "Magical Mystery"-Tournee durch deutsche Diskotheken. Dafür brauchen sie einen Fahrer/"Mann für Alles". Das Problem: Die meisten der Jungs sind -wenn überhaupt- nur nüchtern, wenn sie schlafen. Hier kommt Charlie ins Spiel. Denn er muss ja nüchtern bleiben. Der perfekte Mann für den Job?!

So beginnt dieser furiose Roman. Wir erleben Charlie als liebenswert nüchternen Mann. Er scheint etwas gelernt zu haben aus seinen Verfehlungen. Er lässt den tristen Alltag des Wohnheims hinter sich (nicht ohne Gewissensbisse) und macht sich auf zu einem unvergesslichen Abenteuer.

Skurille Figuren, die Kuriositäten des Lebens obduziert und persifliert. Herzerwärmende Gestalten in einer wahnwitzigen Odyssee.

Regener schreibt lässig bis lakonisch. Trocken und gleichzeitig absolut human. Immer nah an den Figuren, authentisch und atmosphärisch. Stets amüsant und fröhlich. Ein Buch gegen die Gleichgültigkeit.

Ich mag Charlie. Ich mag "Magical Mystery". Ich mag Herrn Regener!