Rezension

Auf der Flucht

Oskar an Bord - Ulrike Herwig

Oskar an Bord
von Ulrike Herwig

Bewertet mit 5 Sternen

Während Tina gerade Mittagspause macht, beobachtet sie einen Überfall in einer Tankstelle. Zu allem Schreck kommt ihr auch noch der Attentäter bekannt vor. Es ist Markus, ihr eigener Mann!!! Das kann doch nicht wahr sein. Nun muss sie auch zusehen, wie er einen fremden Wagen stehlen will. Um das zu verhindern, stellt sie sich ihm entgegen. Mit dem Ergebnis, dass sie ebenfalls ins Auto einsteigt und schon befinden sich beide auf der Flucht, Tina eher unfreiwillig, aber das ist eh egal, denn mitgefangen, mitgehangen.
Plötzlich hören sie eine Stimme aus dem hinteren Teil des Autos. Das gestohlene Auto ist nämlich ein Krankentransporter und hinten sitzt Oskar, darauf wartend, dass er unfreiwillig in ein Heim transportiert werden soll. Oskar, der alles tun würde, um nicht ins Heim zu kommen, schließt sich Tina und Markus an, hat er doch noch so einiges an Ratschlägen für die beiden parat, so von Kriminellem zu Kriminellem.
Es beginnt eine rasante Flucht, denn natürlich ist man ihnen schon bald auf den Fersen...

Oskar, der in früheren Jahren ein Kleinkrimineller war, merkt sehr schnell, dass die beiden, die den Krankentransporter entführt haben, in dem er gesessen hat, so gar nicht wissen, wie sie mit ihrer Flucht umgehen soll. Keinen Plan, keine Adresse, keine Idee und nur ein paar Euro in der Tasche, die Markus in der Tankstelle erbeuten konnte.
Ihn selbst zieht es nach Norddeutschland, wohin sie ihn bringen sollen, denn dort wartet noch ein Schatz auf ihn. Den versteckte er vor Jahren, damit ihn sein geldgieriger Schwiegersohn, der alles daran gesetzt hat, ihn ins Heim zu bugsieren, nicht bekommt.
Oskar ist der "denkende" Part bei der ganzen Flucht.

Während die Flucht medientechnisch ausgewalzt wird, denn denen gemäß ist Oskar das Opfer, entführt und vielleicht schon tot, erleben die drei ein Abenteuer nach dem anderen. Autos müssen gewechselt werden, wobei ein Kauf logischerweise an der Stelle nicht infrage kommt.
Tina und Markus, die seit fast 20 Jahren verheiratet sind, streiten sich inzwischen des öfteren, meist geht es um Geld, das sie nicht haben.
Tina verbringt ihre Tage bei einem ungeliebten Job, schafft es aber nicht, aus dem Trott herauszukommen. Markus arbeitet in einem Supermarkt, in dem er die Regale neu bestückt. Das Geld reicht hinten und vorn nicht und die Stimmung zwischen ihnen kippt.
Nun auf der Flucht, müssen sich beide neu orientieren, sich aufeinander verlassen können. Ob denn eine Annäherung wieder möglich sein kann?

Die Autorin Ulrike Herwig bringt den beiden Protagonisten Tina und Markus ein wenig Schwung bei. Ausgebrochen aus einer langweiligen und fruchtlosen Routine begeben sie sich ins Aus. Sie macht beide zu Kriminellen, die auf einen weiteren Kriminellen treffen.
Diese Konstellation ist so super gelungen, dass es einfach nur Spaß macht, die drei bei ihrer Flucht zu begleiten.
Trotz allem sind die drei Protagonisten ausgesprochen sympathisch und ich mochte sie sehr. Tina, Markus und auch Oskar scheinen sich gesucht und gefunden zu haben. Sie geben sich einander viel. Auch wenn Oskar mit seinem anvisierten Ziel sein eigenes Ziel verfolgt, denkt er dabei an Tina und Markus.

Es ist ein wunderbarer Roman, den man nicht mehr aus der Hand legen mag. Einmal ins Fluchtauto eingestiegen, heißt es auch für den Leser, an der Stange zu bleiben und den Anschluss nicht zu verpassen.
Ich habe mehr als einmal ein Grinsen im Gesicht gehabt und mit ihnen gebangt, dass man sie nicht stellen würde und die Jagd damit ein Ende hätte.
Ulrike Herwig zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, Freunde zu haben, auf die man sich verlassen kann.

Ich mag die Bücher der Autorin, egal, unter welchem Pseudonym sie gerade schreibt. So auch dieses Buch, das mich durch Deutschland führt, eine ungewöhnliche Geschichte erzählt und mich mitgerissen hat. 
Ein Buch, bei dem man nicht alles ernst nehmen darf und auch nicht darüber nachdenken darf, ob das in der Realität auch bestehen würde. Es ist ein Buch, das unterhält und das sehr gut. Ich habe für ein paar Stunden die Welt vergessen und mich mit Tina, Markus und Oskar auf die Flucht begeben, eine Flucht aus einem alten Leben in ein neues.
Ein wunderbares Buch für zwischendurch, zum Seele baumeln lassen, zum Abschalten oder um sich einfach nur gut zu unterhalten.

Ich empfehle es sehr gern weiter.