Rezension

Auf der Suche

Zur halben Nacht -

Zur halben Nacht
von Susanne Niemeyer

Bewertet mit 4 Sternen

""Durchreise ist ein gutes Wort. Ich glaube, ich bin tatsächlich auf der Durchreise. Innen drin. " "Sind wir das nicht alle?", fragt Caspa." 

Susanne Niemeyer hat hier eine besondere Kurzgeschichte geschrieben, die sich kurzweilig liest, aber länger nachwirkt. Alle Figuren sind auf der Suche nach einem Weihnachten, das berührt, herzlich und echt ist. Alle gehen ganz unterschiedlich damit um und finden Wunder dort, wo man sie immer findet ... nämlich dort wo sie keiner vermutet. 

""Wohin gehen wir eigentlich?", fragt Alice ... "Nach Westen", erwidert Caspa "wo die Sonne hinterm Horizont verschwindet." "Also direkt in den Untergang..." "Hast du Angst?" "Nee", sagte Alice. "Ich bin nur sarkastisch." "Dann ist ja gut. Das legt sich.""

Alice hat gerade eine Trennung hinter sich, die sie noch nicht verarbeitet hat. Auf ihre Heilewelt - Familie hat sie keine Lust. Kurzentschlossen meldet sie sich auf ein Inserat: "Mitreisende gesucht. Bring deinen Rucksack mit. Kein Lametta. C+M+B" Das Inserat stammt von einer Männer WG, etwas schräge aber ehrliche und direkte Typen, die mit Alice kurzentschlossen ohne wirkliches Ziel loswanden. Alice hat in einem Artikel gelesen dass man zwei Dinge vor dem Aufbruch zum Pilgern machen soll: "alle Reste verzehren und das eigene Testament machen. Sie fand das eine etwas banal und das andere reichlich dramatisch, aber dann hat sie sich gefragt, ob das nicht die Pole des Lebens beschreibt: Ein ewiges Hin und Her zwischen Banalität und Drama." Alice hat ihren Zweifel immer bei sich, er - der fünfte im Bunde - sieht nicht schlecht aus, könnte ein Bankberater sein. 

Die Reise ist so ganz anders als erwartet, eher ruhig aber dennoch besonders.  "Das Abenteuer ist innen drin."

Jokel hat mit über 80 seine Kneipe "Zur halben Nacht" geschlossen und ist damit nicht ganz glücklich. Seine Tochter und seine Enkelin möchten, dass er seine Zeit genießt, aber er weiß nicht, was er machen soll. Wo sollen die Leute, die einen Ort brauchen denn hin und wo soll er hin? Eine Busfahrerin, ein Optiker und ein Wolf haben ihre eigene Sicht auf Weihnachten und werden überrascht, von den Dingen, die dieses Jahr geschehen. 

Eine kurze Weihnachtsgeschichte, die sich sofort erschließt, aber durch die pointierten Dialoge und Aussagen schön zu lesen ist und im Nachgang noch etwas nachhallt. 

Mir hat sie gut gefallen.