Rezension

Auf einer wahren Begebenheit

Ein Paradies für alle - Justus Pfaue, Philip Tempel

Ein Paradies für alle
von Justus Pfaue Philip Tempel

Bewertet mit 4.5 Sternen

Ein jüdischer Kaufhausbesitzer in den 30er Jahren in Deutschland, der eine christliche Frau und jüdische Geliebte hat. Während des Lesens der ersten 50 Seiten dachte ich, dass dies wieder ein Roman ist, der sich hauptsächlich um die Schwierigkeiten und Grausamkeiten, die die jüdische Bevölkerung während der Naziherrschaft erleiden muss, dreht. Das wird zwar auch angesprochen, aber für mich überraschend macht die Handlung einen Zeitsprung in die Kindheit von Georg Wertheim und erzählt den langsamen Aufstieg des berühmten Kaufhausgeschlechts. Aus völliger Armut schaffen sie es eine der erfolgreichsten Kaufhausketten der Welt zu erschaffen. Und das ist wirklich sehr interessant. Vor allem als mir nach und nach bewusst wird, dass es die Wertheims wirklich gab.

Der Roman ist in erster Linie keine reine Liebesgeschichte, wie ich erst vermutete, sondern eine Familiengeschichte und eine Geschichte über die Zeit zu Beginn des 20.Jh. Der Autor schafft es immer wieder mit kleinen Anekdoten über Erfindungen oder Bücher/Filme, die zu dieser Zeit in Mode waren den Sprung in Realität zu erreichen. Wie zum Beispiel der Beginn der Jeans in Deutschland und ihre Erfolgsgeschichte. Dadurch hatte ich oft den Eindruck keinen Roman, sondern ein nicht langweiliges Geschichtsbuch zu lesen. Ich habe in diesem Buch viel gelernt über das jüdische Wirtschaftsleben vor den Nazis.

Einen kleinen Abstrich muss ich bei der Skizzierung der Charaktere machen, sie waren einfach zu glatt. Ein wenig mehr Tiefgang hätte ihnen nicht geschadet. Auch die Liebesgeschichte zwischen Georg und Hannah war mir zu perfekt, trotz der Widrigkeiten, die ihre Beziehung belastet. Aber dennoch ein sehr guter Roman, der die beschriebene Zeit sehr gut wiederspiegelt. Flüssig geschrieben, ich bin sehr gut durchgekommen. Am meisten ärgere ich mich, dass das große Kaufhaus im Krieg zerstört wurde. Es muss ein traumhaftes Gebäude gewesen sein.