Rezension

Auf zu neuen Ufern

Bär und das Murmeln im Wind -

Bär und das Murmeln im Wind
von Marianne Dubuc

Bewertet mit 4 Sternen

Eigentlich hatte Bär alles, was er braucht: Ein schönes Haus, Freunde, einen Lieblingssessel, hin und wieder frisch gebackenen Erdbeerkuchen.

„Bär hatte ein schönes Leben.“

Doch dann veränderte das Murmeln im Wind alles. Plötzlich ist sein Sessel nicht mehr so gemütlich. Der Erdbeerkuchen nicht mehr so lecker. Auf einmal sagt ihm etwas, dass er fort muss. Es Zeit für Neues ist.

Also packt er seine liebsten Sachen in einen Beutel und bricht auf. Verlässt sein Zuhause. Lässt es für andere zurück. Läuft seiner Nase nach. Fühlt sich manchmal allein. Und manchmal frei wie der Wind. Macht mal eine Pause. Bleibt eine Weile irgendwo. Bei irgendwem. Um dann wieder das Murmeln im Wind zu hören. Ihm wieder zu folgen. Auch mal zu zweifeln. Um endlich anzukommen. Bei einem neuen Haus. Neuem Freund. Neuer Heimat. Ohne das Murmeln im Ohr.

„Bär und das Murmeln im Wind“ verdeutlicht dieses schwer zu fassenden Gefühl, gerufen zu werden. Fort zu müssen. Das Alte hinter sich zu lassen und Neues auszuprobieren. In ästhetischen, weichen Bildern reisen wir in dieser Fabel der Sehnsucht hinterher. Auf zu neuen Ufern. An denen das Fernweh hoffentlich heilt.

In dem Bilderbuch ab vier Jahren steckt ganz viel Potenzial mit Kinder ins Gespräch zu kommen. Dachte ich. Mich selbst berührte es sehr. Erinnere ich mich doch noch zu gut an die hibbelige Aufbruchstimmung der Jugend. Die Nervosität bei jedem neuen Wagnis. An das unglaubliche Gefühl des Findens und Ankommens. Meine Kinder konnten mit dem Buch und diesem Fernweh nur leider gar nichts anfangen.

Chef (10) und Vizechef (7) sind da, wo sie sind, genau richtig. Noch. Ich weiß, dass sich das ändern wird. Doch gerade jetzt verstehen sie Bär einfach nicht. Der Bezug fehlt. Für ältere Kinder könnte es jedoch wunderbare Anstöße geben. Spätestens ab der Pubertät kribbelts in den Zehen. „Bär und das Murmeln im Wind“ könnte ihnen im Unterricht – Philosophie oder Kunst – zeigen, dass dieses Gefühl normal ist. Besonders dürften sich aber Erwachsene in dem Geschehen erkennen. Wie ich.