Rezension

Aufstieg eines Arbeiterkindes, 3. Teil

Spiel der Zeit - Ulla Hahn

Spiel der Zeit
von Ulla Hahn

Bewertet mit 4.5 Sternen

Hilla Palm, das Mädchen aus der katholischen Arbeiterfamilie vom Land mit ihrer Faszination für Sprache und ihrem Hunger nach Wissen, kennt der Leser schon aus zwei Bänden: "Das verborgene Wort" schildert ihre Kindheit und frühe Jugend bis zur Aufnahme in das Aufbaugymnasium; "Aufbruch" beschreibt die Zeit bis zum Abitur und den Beginn des Studiums. In diesem dritten Band werden nun die ersten Semester der Studentin geschildert. Da gibt es vieles, was Hilla fasziniert. Für den Leser wird das Studentenleben der Sechziger-Jahre lebendig mit all den Protesten gegen den Vietnamkrieg, die beginnende Aufrüstung und die Notstandsgesetze. Und auch mit Hilla geht es weiter: Nach dem traumatischen Erlebnis einer Vergewaltigung findet sie endlich aus den Schuld- und Schamgefühlen heraus und kann durch eine Liebe endlich das eingekapselte Erlebnis verarbeiten und sich davon befreien.

Diesen dritten Band finde ich etwas schwächer als die beiden Vorgänger; zu viel wird theoretisiert, zu wenig Handlung gibt es. Auch der Stil ist leicht verändert; die Autorin führt sich selbst ein, kommentiert und hebt sich ab von der Ich-Erzählerin. Warum wohl? Da kann ich nur vermuten: In den beiden ersten Bänden wurden viele autobiographische Details verarbeitet, und möglicherweise wurde Ulla zu oft mit Hilla gleichgesetzt, vielleicht auch auf die Vergewaltigung angesprochen? Ich weiß es nicht. Da ich mit diesem Buch manche Erinnerungen auffrischen konnte, habe ich auch dieses gern gelesen. Zu empfehlen ist es allerdings nur für Leser, die die ersten beiden Bände kennen und schätzen. Und ich hoffe auf einen vierten Band, der mir erzählt, wie es weitergeht mit Hilla.