Rezension

Augen-auf-Momente und Merk-ich-mir-Sätze

Welt, warte! -

Welt, warte!
von Anna Schlutter

Bewertet mit 5 Sternen

Gerade erfuhr Brie, dass ein Asteroid mit der Erde kollidieren wird. Während Vater, Mutter und große Schwester gehörig die Nerven verlieren, muss die 12-Jährige das erst einmal verdauen; lebt erst einmal einfach weiter. Doch als sie mit ihrem besten Freund Henry den Dachboden der Nachbarin entrümpelt, entdeckt sie ein altes Plakat. Das Gedanken an Parallelwelten weckt. Die Hoffnung auf einen Ausweg aus dem drohenden Weltuntergang.

Gemeinsam machen sich Brie und Henry auf die Suche nach dem Eingang in eine Welt, die nicht zerstört werden wird. Sie begegnen auf ihren Expeditionen inspirierenden Menschen; aber auch herzlosen. Und sie erleben unglaubliche Abenteuer. Fast, wie nicht von dieser Welt.

Voller einfallsreicher, weiser und mutiger Ideen

Als Chef (10) und Vizechef (7) den Titel hörten, war klar, was wir als nächstes zusammen lesen würden. Ein Kinderbuch zum Thema Weltuntergang? Kann das sein? Die Kinder waren Feuer und Flamme. Und „Welt, warte! Zumindest, bis Henry und ich eine andere finden.“ enttäuschte uns nicht. Voller einfallsreicher, weiser und mutiger Ideen, überraschte mich der Endzeitroman für Menschen ab zehn Jahren mit Originalität, Kinderklugheit und Lebensmut.

Ich liebe wirklich alles an diesem Buch! Die furchtlose, optimistische Protagonistin. Den umsichtigen, liebenswerten, hinter die Dinge blickenden Henry. Die irrational und doch nachvollziehbar handelnden, Rollenklischees wiedersprechenden Erwachsenen. Die löwenstarke, zielorientierte Schwester. Den überraschend plazierten Mathelehrer und den menschlichen Geistlichen, der mich nach Ewigkeiten mal wieder zum Mirabellenschnapps greifen lies. Ich liebte Haus und Dachboden und Hund von Frau Alba, sowie die alte Dame selbst. Genauso wie Monsieur Maison mit seiner Katze in seinem ganz speziellem Reich. Gedanklich, wie örtlich. Die Enten, die anderen Kinder; anwesende und abwesende Eltern; Teenager, Klassenrivalen, Fremde.

Überraschende Wendungen, kluge Worte, allumfassende Weisheiten – „Welt warte!“ quillt über vor Augen-auf-Momenten und Merk-ich-mir-Sätzen. Ist magisch und realistisch; wonnig und gruselig. Manchmal echt hart und unheimlich. Schreckt auch vor Waffengewalt, Schimpfwörtern und emotionaler Grausamkeit nicht zurück. Geht über Grenzen. Rutscht ins Glück.

Inspiriert, rüttelt, schüttelt und schreckt auf

Dabei ist nichts einfach. Nichts selbsterklärend. Das Leben ist halt nicht selbsterklärend und schon gar nicht einfach. Die Lesenden dürfen sich selbst ihre Gedanken machen. So diskutierten meine Jungs nach jeder Episode, was wir da gerade erlebten. Ob wir in einer Parallelwelt waren. Oder doch nur die Fantasie mit Brie durch geht. Warum die Menschen so sind, wie sind. Und natürlich: Ob die Welt wirklich untergehen wird. Diese Diskussion endete auch nicht, als wir mit der Geschichte durch waren. Beschäftigt uns noch immer.

„Welt warte!“ inspiriert, rüttelt und schüttelt – schreckt auf und schreit uns zu: Nutzt den Tag! Schaut hin, seht die Magie. Wofür ich eine sehr, sehr deutliche und laute Leseempfehlung ausspreche. Die Welt wartet bestimmt, bis Ihr es gelesen habt.