Rezension

Ausgiebige politische Diskussionen, wenig Krimi.

Endstation Côte d'Azur - Christine Cazon

Endstation Côte d'Azur
von Christine Cazon

Bewertet mit 3 Sternen

Klappentext schildert die Ausgangssituation recht treffend: „Sein vierter Fall führt Léon Duval in die Welt der fliegenden Händler von Cannes. Ein Afrikaner wird am Bijou Plage, einem der schönsten Strände der Stadt, tot aufgefunden. Gibt es einen Zusammenhang mit den an der Grenze zu Italien ausharrenden Flüchtlingen, die immer wieder versuchen, mit selbst gebauten Booten nach Frankreich zu kommen? Oder ist alles doch ganz anders? Der Tote ist nämlich ein fliegender Händler aus dem Senegal. Von ihnen gibt es viele in der Stadt, sie verkaufen an den Stränden und in den Straßen ihre Waren an Touristen. Aber wer könnte ein Interesse daran haben, einen armen Straßenhändler zu ermorden? Duval erkennt bald, dass mehr hinter der Sache steckt, als zunächst vermutet. Zumal, als noch eine zweite Leiche auftaucht. Aber auch seine Freundin, die Journalistin Annie, die eigentlich für ein paar Tage Urlaub aus den Bergen nach Cannes gekommen ist, stellt Nachforschungen an. Sehr zum Ärger von Duval und seinen Kollegen.“

Zusammen mit Leon bewegt man sich überwiegend im Milieu von Straßenhändlern von Cannes. Die Ermittlungen des Todes des älteren Afrikaners führen Leon zu einer kleinen, heruntergekommenen Wohnung im Haus am Rande der Stadt, in der seit Jahrzehnten fliegende Händler wohnen. So erfährt man, wie sie ihr Geschäft seit etlichen Jahren organisieren, lernt den Verantwortlichen, den Boss sozusagen, kennen, der in etwa im Alter vom Verstorbenen ist, und von seinem bewegten Leben ausführlich erzählt: zunächst als Händler überall auf der Welt, zum Schluss wechselweise in seiner Heimat bei seiner großen Familie und zur Sommersaison in Cannes. Man bekommt auch einiges von der Mentalität dieser Menschen mit, sowie von den Schwierigkeiten, die die Einheimischen in Cannes mit der Anwesenheit der Straßenhändler haben. Hier kommt auch FN (Front National) zur Sprache, da seine Anhänger versuchen, den „Gästen“ das Leben schwer zu machen.  

Annie, Leons frisch gebackene Partnerin, freie Journalistin, ist vom Thema Flüchtlinge ergriffen. Sie recherchiert im Flüchtlingsheim an der französisch-italienischen Grenze und so werden vor Augen der Leser menschenunwürdige Umstände dort geschildert. Auch einen freiwilligen Helfer macht sie ausfindig.  Einzelne Schicksale von jungen Fliehenden werden beschrieben, ihre Motive, ihre Ziele und Träume. Annie ist der Meinung, dass Frankreich zu wenig Flüchtlinge aufnimmt, dass die Grenzen auf gehören, denn viele sind auf dem Weg in den Norden und wollen nur durch Frankreich passieren. Über dieses Thema wird ausgiebig diskutiert, fast bei jeder Gelegenheit und auch beim schönen Essen. Hier wurde das Leben vom neuen Partner Annies Mutter vor Augen geführt. Er war vor etlichen Jahren aus Italien nach Frankreich gekommen und dort sein Leben um einen bescheidenen Restaurantbetrieb aufgebaut. Er erzählt quasi aus erster Hand, wie es ihm erging.

Diese zwei großen Themen bestimmen den vierten Fall. Etwas vom Leben der Muslime in Frankreich und eine tragische Beziehung einer jungen Französin aus gut situiertem Hause zu einem gleichaltrigen Afrikaner, Vertreter der nächsten Generation der Straßenhändler, im letzten Drittel runden das Themengebilde ab.

Die politische Seite der Situation überwiegt, da die Ausführungen einen großen Teil der Geschichte einnehmen.  Da Leon Annies Meinung nicht teilt, wird die Beziehung auf Probe gestellt.

Die Auflösung des Falls, der erst mit einem weiteren toten Afrikaner zu einem wurde, ist eher einem Thema unterstellt, das man heute für vieles rannehmen kann, und auf mich eher konstruiert und gewollt wirkte.

Weitere Figuren, wie Leons Kollegen, blieben mir kaum in Erinnerung.

Trotz der durchaus interessanten Informationen zu den o.g. Themen, aber dank deren klaren Dominanz, ist der vierte Fall eher der schwächste. Mal sehen, wohin Leon &Co. der nächste Fall führt.

Ich kann hier gute drei Sterne vergeben.