Rezension

Authentische und spannende Handlung

Keiner wird dich kennen - Katja Brandis

Keiner wird dich kennen
von Katja Brandis

Bewertet mit 4.5 Sternen

Die 16 jährige Maja lebt mit ihrer Mutter Lila und ihrem kleinen Bruder Elias in Offenbach. Sie hat so ziemlich alles, was sich ein Mädchen in ihrem Alter wünschen könnte. Ein schönes Zuhause, eine Familie, die sie liebt, Freunde und den tollsten Jungen der Welt an ihrer Seite, ihren Freund Lorenzo. Doch es gibt etwas, worüber niemand Bescheid weiß. Denn Majas Familie ist das Opfer eines Stalkers geworden. Nachdem sich ihre Mutter Lila von ihrem Ex-Freund Robert Barsch getrennt hatte, begann er die kleine Familie aufzulauern, zu terrorisieren und zu bedrohen.

“Jeden Tag lungert er vor der Tür herum. Es fühlt sich an, als kleben seine Blicke auf meiner Haut. Mama hat gesagt, ich soll ihn nicht ansehen, soll einfach so tun, als wäre er nicht da, und ins Haus gehen. Dort sei ich in Sicherheit.” (Seite 10)

Erst nach einem gewalttätigen Übergriff auf Majas Mutter konnte er festgenommen werden und saß die letzten drei Jahre im Gefängnis. Ihrem Heimatort Marburg haben sie den Rücken gekehrt und leben seit einiger Zeit in Offenbach. Sie sind endlich wieder glücklich. Doch nun steht die Entlassung Robert Barschs kurz bevor und die fast vergessenen Ängste kommen wieder an die Oberfläche. Als Robert Barsch schließlich Kontakt zur Familie aufnimmt und dabei eine Drohung ausspricht, muss alles ganz schnell gehen. Hals über Kopf müssen sie ihr zu Hause verlassen und nur die nötigsten Sachen dürfen sie mitnehmen. Von niemanden dürfen sie sich verabschieden. Verwandten, Freunden, ja nicht einmal von ihrem Freund Lorenzo darf sie sich verabschieden. Denn niemand darf wissen, wo sie sind. Mit Hilfe des Opferschutzprogrammes lassen sie ihr altes Leben hinter sich, ändern ihre Identität, ihre Namen und ziehen in eine neue Stadt, wo sie von Neuem beginnen.

Sehr gespannt war ich auf den neuen Thriller von Katja Brandis, denn der "Libellenfänger", den ich kürzlich von ihr gelesen habe, hat mir sehr gut gefallen. In "Und keiner wird dich kennen" greift sie dieses mal das Thema Stalking auf und wie die Menschen damit klar kommen, die davon betroffen sind, bzw. wie es ihr Leben verändern kann. Ein wie ich finde sehr interessantes Thema, das ich bisher nur aus den Medien oder dem Internet kannte.

Interessant fand ich, dass das Buch aus verschiedenen Perspektiven geschrieben ist. Nämlich abwechselnd aus der Sicht des, bzw. eines Opfers, Maja, ihrem Freund Lorenzo, der auf der Suche nach Maja ist und auch aus der des Täters Robert Barsch. Durch diesem gekonnten Wechsel ist der Leser immer auf dem Laufenden, was die Erlebnisse der Opfer, Majas Familie, des Täters aber auch der zurückgebliebenen Freunde, insbesondere Lorenzo ist. Aber auch die Rückblicke, welche kursiv dargestellt werden, lassen den Leser einen sehr guten Blick auf die Vergangenheit und die Geschehnissen, denen Maja, ihre Mutter Lila und ihr kleiner Bruder Elias ausgesetzt waren, werfen. Nach und nach erfährt der Leser was sie in der Vergangenheit über sich ergehen lassen mussten und was der Auslöser war, der Robert Barsch endlich hinter Schloss und Riegel brachte.

Maja wirkte auf mich sehr real und authentisch. Sie ist ein typischer Teenager, trifft sich mit Freunden und ist glücklich verliebt. Raus gerissen aus ihrem gewohnten Umfeld merkt man ihr an, dass sie sich sehr bemüht, sich in ihrer neuen Identität, ihrem neuen Leben, zurecht zu finden. Das ist jedoch gar nicht so einfach, wenn man nichts von sich preisgeben darf, was auf ihr früheres Leben zurückführen könnte. Ja, selbst vor dem fotografiert werden muss sie sich hüten, denn jemand könnte ihr Bild auf Facebook veröffentlichen und Robert Barsch so auf ihre Spur führen. Anfangs scheint auch alles gut zu gehen. Sie leben sich relativ gut ein und Maja findet neue Freunde in ihrer neuen Schule. Aber ihre Gedanken an Lorenzo, ihrer großen Liebe, lassen sie nicht los. Zu groß ist die Sehnsucht und so begeht sie einen fatalen Fehler. Sie nimmt Kontakt zu ihm auf. Doch sie weiß nicht, dass sich Robert Barsch schon an seine Fersen geheftet hat. Wird ihre neue Identität auffliegen und hat sie ihre Familie in Gefahr gebracht?

Sehr interessant fand ich aber auch die Abschnitte, die aus Robert Barschs Sicht geschrieben wurden. Seine krankhaften Gedanken wechseln sehr schnell zwischen sehr gewalttätigen Fantasien, die er kurz danach selbst in Frage stellt und Gedanken an Lila, Majas Mutter, die er immer noch sehr begehrt. Sehr schnell wird dem Leser klar, dass er ein psychisches Problem hat.

Die Handlung ist wirklich von Anfang bis zum Ende spannend, gut aufgebaut und lässt einen nicht so schnell los, so dass sich das Buch recht zügig lesen lässt. Auch der Schreibstil der Autorin ist sehr angenehm, flüssig und leicht zu lesen.
Für mich also 5 von 5 möglichen Schmetterlingen, für einen wirklich guten Jugendthriller, der durch seine authentische und spannende Handlung, sowie auch durch seine interessanten Charaktere, überzeugen kann.