Rezension

Beängstigene Dystopie, die nachdenklich macht

Der Fürst von morgen
von John Christopher

Bewertet mit 4 Sternen

In "Der Fürst von Morgen" geht es um ein Zukunftszenario, das einige Jahrzehnte bis Jahrhunderte nach einer großen Katastrophe spielt. Was genau diese Katastrophe gewesen ist, ist unklar - die Erde bebte, neue Vulkane entstanden und brachen aus und die Zivilisation ging in deren Folge unter. Städte regieren wieder sich selber und bekämpfen ihre Nachbarn, Glaubensgemeinschaften versuchen, Macht auszuüben - im großen und ganzen ein mittelalterliches Szenario also. Maschinen werden von den Sehern (Führer der Hauptreligion) verboten, da diese für den Untergang verantwortlich gemacht werden. In dieser Welt lebt Luke, der, durch viele Intrigen und Verrat im Laufe der Geschichten gezeichnet wird.

Ich bin mir noch nicht ganz sicher, was ich über dieses Buch denken soll. Die Geschichte um Luke ist schön erzählt. Die Figuren sind sehr facettenreich und tiefgehend, man kann ihre Entwicklung gut nachvollziehen. Jedoch wurde ich das gesamte Buch über mit Luke nicht warm - er ist eher der "Macher" als der Denker und wird sehr von Begriffen wie Ehre gelenkt, während er selten über die Folgen seiner Handlungen nachdenkt. Doch das empfand ich als erstaunlich wenig schlimm. Die Geschichte selber würde ich auch nicht als direkt spannend bezeichnen - sie ist eher sehr interessant und lässt einen nachdenklich zurück. In den Zwischenzeilen geht es sehr viel um die Natur des Menschen und wie diese sich nach einer solchen Katastrophe auswirkt.

Die beschriebene Welt finde ich sehr gut vorstellbar, auch wenn es wohl eines der am wenigsten wünschenswerten Zukunftsszenarien darstellt. Das Buch ist allgemein sehr düster gehalten. Man hat immer wieder Hoffnung, doch noch zum Beispiel einen zivilisierteren Stamm zu finden - um dann festzustellen, dass sie Kannibalen sind. Man denkt, da hat Luke nun einen wahren Freund - der ihn doch wegen irgendetwas enttäuscht. Das Buch ist eher ein Einblick in die düstereren Bereiche des menschlichen Seins. Doch jederzeit bleiben die Handlungen der einzelnen Personen nachvollziehbar.

Das Ende des Buches ist anders, als ich es erwartet habe - es ist weder ein Happy End noch ein trauriges Ende, sondern irgendetwas dazwischen. Damit passt es meiner Meinung nach gut zum Buch, in dem alles in Grautönen gezeichnet wird - niemand ist wirklich schlecht oder gut, sondern handelt nach seinen Interessen.

Ich habe gelesen, dass dieses Buch früher als Jugendbuch verkauft worden ist. Das ist es meiner Meinung nach nicht, da es dafür an vielen Stellen zu blutig ist und vielleicht auch zu düster gehalten. Alles in allem kann ich es jedem empfehlen, der gerne tiefgründige Dystopien liest, ohne ein superspannendes Buch zu erwarten - dieses Buch ist eher eines der leiseren Töne.