Rezension

Beeindruckend, berührend, aber manchmal auch etwas unrealistisch

Mein Leben ohne Gestern - Lisa Genova

Mein Leben ohne Gestern
von Lisa Genova

Bewertet mit 4 Sternen

~~Inhalt:

Alice ist ordentliche Professorin für Psychologie a der renommierten Harvard-Universität in Boston. Bei Studenten ist sie äußest beliebt, ihre Forschungen beeindrucken die Fachwelt und sie ist ständig auf Reisen, um Vorträge und Vorlseungen zu halten. Doch mit gerade einmal 50 Jahren wird ihr dieses erfolgreiche Leben unter den Füßen weggerissen: Bei ihr wird die früh einsetzende Alzheimer-Krankheit diagnostiziert und innerhalb von 2 Jahren degeniert Alice' Geist dermaßen, das ein normales Leben nicht mehr möglich ist ...

Meinung:

Ich habe sehr gut in das Hörbuch eintauchen können. Von Anfang an bekommt man ein klaes Bild von Alice, ihrer Familie und ihrem efolgreichen Berufsleben: Alice ist eine Frau, die mitten im Leben steht, die viel erreicht hat und noch viel mehr erreichen kann. Zusammen mit ihrem Mann (ebenfalls in Harvard tätig) hat sie ein gemeinsames Buch verfasst, ihre drei Kinder sind allesamt wohl geraten und ebenfalls erfolgreich (außer Lydia, die ein wenig aus der Art schlägt) und ihre Arbeit sowie ihr Rat werden in wissenschaftlichen Kreisen außerordentlich geschätzt. Vor diesem beeindruckenden Hintergrund wird die Diagnose Alzheimer natürlich umso erschreckender. Sukzessive wird geschildert, wie Alice merkt, dass ihr Gehirn nicht mehr so funktionstüchtig ist, ja, sogar gravierende Aussetzer bekommt. Diese Beschreibungen fand ich außerordentlich gelungen! Ich konnte regelrecht nachempfinden, wie Alice' Gehirn sich nach und nach zersetzt und welche schrecklichen Konsequenzen das hat! Z.B. als sie plötzlich auf ihrer Laufstrecke die Orientierung verliert und absolut nicht mehr weiß, wie sie nach Hause kommen soll. Oder einmal, als sie nicht mehr weiß, wo in ihrem eigenen Haus die Toilette ist ... Solche Momente fand ich an dieser Geschichte sehr, sehr bewegend (auch auf erschreckende Art!).

Warum das Buch von mir dennoch "nur" 4 Sterne erhält? An manchen Stellen ist Alice' Leben einfach zu perfekt: berühmte Professoin in Harvard, ihr Mann ebenfalls dort, die Kinder erfolgreich, intakte Familie (außer leichte Spannungen zwischen Alice und Lydia), Geld spielt natürlich keine Rolle (Ferienhaus inklusive). Wir bekommen hier keine Durchschnittsfamilie präsentiert!

Darüber hinaus erscheint mir manches doch unrealistisch bzw. einige Dinge werden schlicht nicht thematisiert. So behält Alice auch im fortgeschrittenen Stadium de Krankheit stets ihre Fähigkeit der Selbstreflexion bei. Sie kann alles überdenken und zumindest gedanklich äußern. Weiß nicht, ob das im Verlauf der Krankheit noch so möglich ist. Ziemlich zum Schluss des Buches hält sie zudem noch eine Rede, die sie selbst verfasst hat - dabei konnte sie schon Monate vorher kein Buch mehr lesen!

Außerdem erleben wir Alice nur selten verwirrt und ängstlich, dazu nie aggressiv. Wenn man jedoch desorientiert ist, nicht mehr weiß, an welchem Ort man sich befindet und wer die Menschen um einen herum sind, ergeben sich automatisch Ängste und damit verbunden störrisches und manchmal gar gewalttätiges Verhalten. Dies wird jedoch nicht thematisiert. Alice verfällt geistig, die emotionalen Auswirkungen bleiben recht vage.

Fazit:

Ein sehr bewegendes Buch über eine Frau, die auf dem Höhepunkt ihrer Karriere die Diagnose Alzheimer bekommt und Schritt für Schritt geistige degeniert. Es gibt schckierende Momente, in denen die Auswirkungen der Krankheit drastisch geschildert werden. Allerdings bleibt auch manches leider unausgesprochen und wird nicht thematisiert. Dazu gehören übrigens auch die Gefühle der Menschen um Alice herum. Diese muss man sich als Leser mehr erschließen und zusammenreimen.

Trotzdem, ein Buch, das sich zu lesen lohnt!

4 von 5 Sternen