Rezension

Beeindruckender Bericht zu einem Projekt zur deutschen Vergangenheit

Wir waren zum Tode bestimmt - Michael Düsing

Wir waren zum Tode bestimmt
von Michael Düsing

Bewertet mit 5 Sternen

Das Buch ist aus einem Anti-Rassismus-Projekt mit dem Titel "Shalom Sachsen–Böhmen" entstanden, das 1998–2000 vom CJD (Christl. Jugenddorfwerk) Chemnitz durchgeführt wurde; es ging um "Erinnerungsarbeit": 15 junge Erwachsene (18–27 Jahre alt) recherchierten zu 2 Zwangsarbeitslagern, in denen Flugzeugteile (in Freiberg, zw. Dresden u. Chemnitz gelegen) bzw. Munition (in Oederan, zw. Freiberg u. Chemnitz) hergestellt wurden. Mit der Spurensuche verbunden war, dass den Teilnehmern Kenntnisse zur jüdischen Geschichte vermittelt und ihnen gezeigt wurde, was Judentum positiv ist. Reisen führten nach Theresienstadt und nach Israel. Die Teilnehmer waren Sozialhilfeempfänger und konnten sich in dem Projekt berufliche Qualifikationen erwerben.
In einer Art "Rahmenhandlung" des Buchs wird einleitend das Projekt vorgestellt, werden Informationen zu den Lagern gegeben und wird, abschließend, eine Bilanz des Projekts gezogen. Im Mittelpunkt stehen aber die Ergebnisse der Recherchen: Berichte ehemaliger jüdischer Zwangsar-beiterinnen, die man ausfindig machte und zu denen man Kontakt aufnahm.
Über 20 Frauen – die meisten von ihnen leben heute in Tschechien, einige in Israel – beschreiben in diesem Buch, was ihnen widerfuhr. Sie wurden nach Theresienstadt oder Lódz, später nach Auschwitz verbracht; dort als arbeitsfähig selektiert, kamen sie  nach Freiberg oder Oederan; sie wurden nach Mauthausen evakuiert – wo einen Tag vor ihrer Ankunft die Gasöfen demontiert worden waren: sonst wären sie ermordet worden – und schließlich dort befreit. Man liest von der Verfolgung der Menschen, ihrer Einweisung in Ghettos, der Ermordung von Angehörigen und Freunden, von den Grausamkeiten im Arbeitslager, vom Weiterleben danach: all dies kann hier nur angedeutet werden.
Viele weitere Informationen, u.a. zu  historischen Fakten oder zu Personen, die in den Erzählungen erwähnt werden, findet der Leser in einem sorgfältig gearbeiteten Anmerkungsteil. Ein Erinnerungsbuch, das eindrucksvoll von einem offenbar gelungenen Projekt berichtet.