Rezension

Berlin, 1916: Ein spannender, authentischer, einfach großartiger Krimi um Kommissar Gennat

Kommissar Gennat und die Tote im Reisekorb -

Kommissar Gennat und die Tote im Reisekorb
von Regina Stürickow

Bewertet mit 5 Sternen

Ein spannender, authentischer, einfach großartiger Krimi - Kommissar Gennat ermittelt in Berlin 1916

"Kommissar Gennat und die Tote im Reisekorb" von Regina Stürickow ist im Februar 2021 als Taschenbuch mit 272 Seiten beim Elsengold Verlag erschienen und spielt 1916 in Berlin.

Max Kaminski, ein junger Reporter, macht ein Praktikum bei der Polizei und ermittelt mit Kommissar Ernst Gennat in Berlin und Stettin - denn in einem Reisekorb findet man in Stettin eine brutal zugerichtete Frauenleiche, die aus Berlin verschickt wurde.

Die Story beruht auf einer wahren Begebenheit und Kommissar Gennat hat es wirklich gegeben, er ist ja bekannt als einer der Vorreiter in der Kriminalanalytik und Spurensicherung. Er war seiner Zeit in vielerlei Hinsicht weit voraus, nahm die Menschen ernst, hatte keine Standesdünkel und war Neuem gegenüber absolut aufgeschlossen.

Schon nach den ersten Sätzen war ich mittendrin in Berlin 1916, Regina Stürickows Schreibstil und ihre liebevollen, detaillierten Beschreiibungen sind einfach klasse. Die Armut in den Berliner Hinterhöfen, der Geruch nach Kohl und der je nach Bildungsgrad immer breitere Dialekt - das kommt hautnah herüber und die schwierigen Zeiten sind deutlich spürbar!

Die Ermittlungen führen ganz tief ins Milieu, was die Angelegenheit natürlich besonders pikant macht - hinzu kommt noch die Tatsache, dass das Opfer eine lesbische Geliebte hatte und offenbar auch Frauen aus den besseren Gesellschaftsschichten "bedient" hat.

Der Mix in den Ermittlungen des erfahrenen Kommissars mit dem "frischen" Spürsinn des Reporters an seiner Seite machen das Geschehen sehr sehr lebendig und auch Max´ Frau Lissy, die sozial schwache Frauen und Familien betreut, bringt ganz neue Ansatzpunkte und Schwung in die Nachforschungen.

Gennat und Kaminski sind wirklich ein tolles Gespann. Der Kommissar muss den eifrigen Journalisten zwar bisweilen etwas ausbremsen, ist aber durchaus aufgeschlossen für dessen Verdachtsmomente und Lösungsansätze, das ist klasse.

Die Atmosphäre, die durch den detaillierten, unaufgeregten Schreibstil entsteht, ist super authentisch.

Das Misstrauen der Menschen, besonders der einfachen Leute, gegenüber der Polizei macht die Ermittlungen nicht gerade einfacher...das kann ich aber gut nachvollziehen, denn die Herren adeliger Kommissare und der Rest, (Gennat ist scheinbar die seltene Ausnahme) waren gegenüber dem "gemeinen" Volk sicher sehr anmaßend und überheblich, das sieht man anfangs schon daran, wie die Vermisstenanzeige zu Martha Franzke aufgenommen wurde....

Der Fall selbst ist äußerst fesselnd, im Verlauf der Handlung gab es einige Verdächtige, aber bis kurz vor dem Ende hatte ich den Täter nicht erraten und es war von Anfang bis Ende spannend.

Ein wirklich großartiger Krimi mit tollen und facettenreichen Charakteren, perfekt recherchiert, fesselnd geschrieben und an wahre Begebenheiten angelehnt - einfach großartig!