Rezension

Berührend und tiefgründig

Ein Lied aus Tränen - Kerstin Hornung

Ein Lied aus Tränen
von Kerstin Hornung

Bewertet mit 5 Sternen

„…Sie war die Musik seines Lebens…“

 

Der Roman beginnt damit, dass eine Frau ihre Wohnung verlässt. Das einzige, was sie mitnimmt, ist das Klavier.

Die folgenden Zeiten berichten darüber, wie es dazu kam. Jedes Kapitel beginnt mit Tagebucheinträgen aus dem Jahre 1988. Sie zeigen ein junges Mädchen in Rumänien, das sich in nichts von Gleichaltrigen unterscheidet. Allerdings legen ihre Eltern wert darauf, dass sie regelmäßig Klavier übt.

Danach wechselt die Geschichte ins Jahr 2011 in Deutschland. Dorothea hat gerade ihre siebte Fehlgeburt hinter sich. In ihr ist nur Leere. Eric, ihr Mann, möchte, dass sie Klavier spielt. Sie aber kann sich nur zu wenigen Tönen aufraffen.

Als Dorothea im Internet recherchiert, findet sie Freunde aus ihrer Kindheit. Plötzlich steht ihre Ehe auf der Kippe, denn Eric bekommt seine Eifersucht nicht in den Griff.

Die Autorin hat die Protagonisten gut charakterisiert. Dorothea kennt seit Jahren nur zwei Dinge in ihrem Leben: die Musik und ihren Mann.

Eric ist wesentlich älter als Dorothea. Er war ihr Musiklehrer. Er vergöttert Dorothea, nimmt ihr aber auch die Luft zum Atmen. Bisher hat sie Letzteres höchstens unterschwellig registriert.

Mit Hilfe der Tagebucheinträge und kursiv gehaltenen Gedanken der Protagonisten wird nach und nach die Vergangenheit deutlich. Über ihr lag ein Schleier. Jetzt wird der weggerissen. Verlustangst und Eifersucht steuern das Geschehen auf eine Katastrophe zu. Aus Geborgenheit wird Angst.

Der Roman lässt sich gut lesen. Der Wechsel der Perspektive sorgt für eine lebendige Erzählweise.

Der Schriftstil ist dem Thema angemessen. Die Autorin spielt mit der Macht der Musik. Häufig dient sie als Metapher zur Beschreibung von Emotionen. Den Roman durchzieht in weiten Teilen eine bildhafte Sprache. Ein besonders gelungenes Stilelement war für mich Erics Traum in Form einer Fabel. Er fasst nicht nur die Kernaussage des Buches zusammen, sondern zeigt einen positiven Lösungsansatz. Als Leser ist man versucht, Eric nur mit seinen negativen Charaktereigenschaften zu sehen. Das Buch lässt ihn aber auch mit Dorotheas Augen sehen. Der Mann von heute ist nicht der Mann, den sie vor 23 Jahren kennen und lieben gelernt hat.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Auf eindringliche Weise und anhand einer interessanten und berührenden Lebensgeschichte hat die Autorin erzählt, was passiert kann, wenn Liebe zur Fessel wird.