Rezension

Berührende, tragische Familiengeschichte aus der Eifeler Nachkriegszeit

Grenzgänger - Mechtild Borrmann

Grenzgänger
von Mechtild Borrmann

Bewertet mit 5 Sternen

Wenn Recht nicht Gerechtigkeit ist: Spiegel-Bestseller-Autorin Mechtild Borrmann mit ihrem Meisterwerk "Grenzgänger" rund um ein düsteres Kapitel deutscher Nachkriegs-Geschichte:
Heimkinder in den 50er und 60er Jahren.

Die vielfach ausgezeichnete Autorin Borrmann, die mit ihren Zeitgeschichte-Romanen "Grenzgänger" und "Trümmerkind" monatelang auf der Spiegel-Bestseller-Liste stand, erzählt mit der ihr eigenen soghaft-präzisen Sprache die Geschichte einer lebenshungrigen Frau - ein ehemaliges Heimkind - , die an Gerechtigkeit glaubt und daran verzweifelt.

Die Schönings leben in einem kleinen Dorf an der deutsch-belgischen Grenze. Wie die meisten Familien hier in den 50er und 60er Jahren verdienen sich auch die Schönings mit Kaffee-Schmuggel etwas dazu. Die 17jährige Henni ist, wie viele andere Kinder, von Anfang an dabei und diejenige, die die Schmuggel-Routen über das Hohe Venn, ein tückisches Moor-Gebiet, kennt. So kann sie die Kaffee-Schmuggler, hauptsächlich Kinder, in der Nacht durch das gefährliche Moor führen. Ab 1950 übernehmen immer mehr organisierte Banden den Kaffee-Schmuggel, und Zöllner schießen auf die Menschen. Eines Nachts geschieht dann das Unfassbare: Hennis Schwester wird erschossen.

Henni steckt man daraufhin 1951 in eine Besserungsanstalt. Wegen Kaffee-Schmuggels. Doch das ist nur ein Teil der Wahrheit.
Die jüngeren Geschwister, die Henni anstelle der toten Mutter versorgt hatte, kommen als Heimkinder in ein kirchlich geführtes Heim. Wo der kleine Matthias an Lungenentzündung verstirbt. Auch das ist nur ein Teil der Wahrheit.

Spannung und Zeitgeschichte miteinander zu verknüpfen, versteht Borrmann wie keine andere deutsche Autorin. "Grenzgänger" ist ein packender wie aufwühlender Roman, eingebettet in ein düsteres Stück Zeitgeschichte - die 50er und 60er Jahre in Deutschland. 

(Quelle: amazon)

Meine Meinung:

Dies ist der zweite Roman von Mechtild Borrmann, den ich gelesen habe: Sie  schreibt wirklich sehr klar und schnörkellos, meist unter die Haut gehende Geschichten, die mehr als lesenswert sind:

Diese Geschichte ist nicht nur berührend, sondern richtig aufwühlend und zornig machend: Ich habe Anfang der 80er Jahre meine Examensarbeit zum Thema Heimerziehung in Deutschland geschrieben und viel Material und Dokumentationen, Fachbücher gelesen: Da überkommt einem das Grausen und die Haare stehen zu Berge!

Die Formen der Fremdplatzierung haben sich geändert, die Aufsicht darüber hoffentlich auch - und dennoch ist es als Lebenserfahrung noch immer mit Sicherheit sehr schwierig, prägend und sicher nicht in jedem Falle positiv, als Kind eine solche Lebenserfahrung machen zu müssen.

Interessant fand ich auch, dass die Autorin auf Flohmärkten Fotoalben kauft - und Familiengeschichten liest: Gutes Material für Buchideen. Dass sie dieses geschrieben hat, finde ich mehr als gut! Von mir eine absolute Leseempfehlung und 5*