Rezension

Berührender Love Song

The Love Song of Miss Queenie Hennessy - Rachel Joyce

The Love Song of Miss Queenie Hennessy
von Rachel Joyce

Nachdem die todkranke Queenie Hennessy einen Brief von ihrem früheren Arbeitskollegen Harold Fry erhalten hat, in dem dieser ihr mitteilt, dass er vom anderen Ende Englands zu Fuß auf den Weg zu ihr ist, beschließt sie, ihm einen ausführlichen Abschiedsbrief zu schreiben, in dem sie all ihre Geheimnisse offenbaren will. Denn vor knapp zwanzig Jahren verließ sie den Mann, den sie liebte, ohne dass dieser überhaupt davon wusste, ohne ein Wort des Abschieds, nachdem eine Tragödie ihrer beider Leben für immer verändert hatte…
 
Anfangs kommt die Geschichte ein wenig beschwerlich in Gang, doch nach dem ersten Drittel nimmt die Handlung allmählich Fahrt auf. So sind die Zeitsprünge in der Erzählung ab diesem Zeitpunkt nicht mehr so verwirrend für den Leser wie zu Anfang und man kann endlich richtig in das Geschehen einsteigen, da die einzelnen Kapitel nicht mehr so losgelöst voneinander scheinen.

Rachel Joyces Schreibstil dagegen ist von Anfang an fantastisch, denn sie versteht es, mit ihren Beschreibungen der Landschaft, eines Gartens oder von Naturphänomenen wie dem Sonnenaufgang immer eine ganz bestimmte Atmosphäre einzufangen. Außerdem sind die Beschreibungen dieser Teile so detailliert, dass man als Leser das Gefühl bekommt, man stünde mitten drin in diesem Moment, in dem die Autorin aus etwas Einfachem etwas Besonderes macht.

Die Charaktere sind ebenfalls sehr schön ausgearbeitet. Jeder Mitbewohner des Hospizes sowie jede Schwester dort haben ihre ganz  bestimmten Eigenschaften und Macken und obwohl sie alle so völlig unterschiedlich sind, bilden sie doch ein unterhaltsames und letztlich auch freundschaftliches Grüppchen. 

Besonders bewegend ist dabei, wie die Bewohner alle gemeinsam über ihren bevorstehenden Tod und die Wünsche für ihre Beerdigungen sprechen und dass sie selbst dabei noch etwas Lebendiges und Schönes entdecken. Genauso fantastisch  wirkt es, als plötzlich immer mehr Leute beschließen, auf Harold Fry zu warten und dieser mit einem Mal nicht mehr nur für Queenie läuft, sondern zum Hoffnungsträger einer ganzen Menge sterbender Menschen wird und ihnen damit zumindest kurzzeitig noch einmal Kraft und ein Ziel im Leben gibt.

Umso tragischer sind dann die Momente, in denen immer wieder Hospizbewohner vor Harolds Ankunft dahinscheiden, weshalb man die zweite Hälfte der Lektüre beinah bloß weinend verbringt; aber auch, weil einige letzte Szenen oder Worte einfach unglaublich schön sind, auch wenn die entsprechende Person danach gehen muss; einige sind sogar vielleicht gerade deshalb so herzergreifend.

Dadurch, dass Queenie zwischendurch immer wieder von starken Medikamenten halluziniert, ist jedoch manchmal nicht völlig klar, was nun real ist oder nicht bzw. was eben nur für sie real ist. Besonders das Ende scheint daher ein wenig verwirrend und macht Queenie zu einer unzuverlässigen Erzählerin.

Insgesamt ist The Love Song of Miss Queenie Hennessy aber ein äußerst empfehlenswertes Buch, das zu Tränen rührt, wenn man nur ein wenig Geduld hat.