Rezension

Besser als Jane Austen

Das Haus der Freude - Edith Wharton

Das Haus der Freude
von Edith Wharton

Bewertet mit 5 Sternen

Leider zu Unrecht bei uns relativ unbekannt ist dieser Klassiker der amerikanischen Schriftstellerin Edith Wharton.

Der 1905 erschienene Roman "Das Haus der Freude" ist die tragische Geschichte der Lily Bart. Sie stammt aus einem reichen Elternhaus und wurde von ihrer Mutter zum Luxus erzogen und dazu, alles Schäbige und Durchschnittliche zu verachten. Als die Familie pleite ging, haben ihre Eltern das nicht lange überlebt und Lily musste von nun an bei ihren Verwandten unterkommen, auf die sie immer heruntergesehen hat.
Das Einzige, was Lily im Leben gelernt hat, ist sich in den elitären Kreisen zu bewegen, die Gesellschaft auf Partys zu unterhalten und einem Mann als hübsches Schmuckstück zur Seite zu stehen. Da sie kein eigenes Vermögen mehr hat, muss sie reich heiraten. Dieses Vorhaben sabotiert sie sich meist jedoch selber, vor allem weil sie (zunächst unbewusst) den Anwalt Lawrence Selden liebt. Dieser kann ihr jedoch nicht den Luxus bieten, den sie für ihr Leben voraussetzt, so dass für beide eine Heirat ausgeschlossen ist. Dennoch sagt sie, dass sie nur bei ihm ihr wahres Ich zeigen kann und er ihr einziger wahrer Freund ist.
Lily ist ebenso schön wie naiv, hat von Geldangelegenheiten keine Ahnung und hält sich für etwas Besseres, dennoch fand ich sie irgendwie sympathisch in all ihren Versuchen, in der Oberschicht nicht unterzugehen. Aufgrund ihrer Spielschulden bittet sie Gus Trenor, den Mann ihrer besten Freundin, mit etwas von ihrem Geld an der Börse zu spekulieren. In Wahrheit leiht er ihr jedoch das Geld, das sie sofort verschwenderisch ausgegeben hat, als sie es mit sexuellen Gefälligkeiten zurückzahlen soll und sich weigert, bleibt sie
fortan in Trenors Schuld. Dadurch dass man sie und Trenor alleine gesehen hat, gibt es sofort Gerüchte und Lily verliert an Ansehen, vor allem bei ihrer Tante, die ihr Erbe sofort schmälert. Durch weitere Intrigen einer verheirateten Frau namens Bertha Dorset, die Affären mit zahlreichen Männern, u.a. Lawrence Selden hatte, rutscht Lily unschuldig ins gesellschaftliche Abseits. Obowhl sie Briefe besitzt, die die Aktivitäten von Bertha aufdecken und sie reinwaschen könnten, setzt sie diese nicht ein, weil Selden dadurch Schaden nehmen würde. Durch die Gerüchte entfremdet sich dieser auch von ihr.
Lily verkehrt noch eine zeitlang mit den Neureichen, die von der alteingesessenen Oberschicht verabscheut werden, schließlich aber steigt sie in die Arbeiterschicht ab.
Jetzt habe ich schon den halben Roman erzählt, hier muss Schluss sein, bevor ich alles verrate.
Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen, die beiden Hauptcharaktere Lily und Lawrence Selden sind gefangen in den Konventionen der Gesellschaft ihrer Zeit und ihrem eigenen Stolz, was ihnen zum Verhängnis wird.
Ich musste immer daran denken, wie viele Freiheiten wir Frauen heute haben und wie sich die Zeiten geändert haben. Ein Großteil des Romans beschreibt die Partys und Gesellschaften die von den Reichen gegeben wurden und die sich über Wochen hinzogen sowie die ungeschriebenen Verhaltens- und Etiketteregeln die in dieser Schicht galten. Lilys Schicksal entwickelt sich sehr langsam, auch ein Kontrast zu heutigen Romanen vielleicht. Vor allem ür alle, die gern Klassiker lesen und Romane von Jane Austen oder den Brontë-Schwestern mögen, eine klare Leseempfehlung