Rezension

Bewegende Geschichte einer jungen Frau

Der Geschmack meiner Jugend -

Der Geschmack meiner Jugend
von Malina Bura

Bewertet mit 5 Sternen

„...Eine Kirche, ein Spielplatz, einundsiebzig Straßenlaternen, knapp zweihundert Einwohner. Die Elbe nicht weit. Die Highlights: Zwei Bushaltestellen, die Freiwillige Feuerwehr, eine Kegelbahn...“

 

So beschreibt die Ich-Erzählerin den Ort Hinterelbe in Sachsen-Anhalt, in dem sie aufgewachsen ist. Die Einleitung zeigt: Es gibt Stellen im Buch, da ist der Schriftstil spartanisch, kurz und prägnant. Das sind häufig besonders wichtige Stellen. Ansonsten lebt das Buch von einer Menge an Emotionen. Ab und an blitzt ein sehr trockener Humor auf.

Im Buch erzählt Malina von ihrer Kindheit und Jugend. Ihre Eltern waren 1992 aus den Westen in das kleine Dorf gezogen. Malina war Außenseiterin. Das lag schon darin, dass sich ihr Wortschatz von dem der Einheimischen häufig unterschied. Was für sie eine Bücherei war, war für andere eine Bibliothek, um ein Beispiel herauszugreifen. Ihre Eltern wiederum gaben sich keine Mühe, im Dorf dazu zu gehören.

 

„...Nicht einmal in den Heimatverein traten sie ein und da hatte man natürlich gleich verloren. Ohne eine umfangreiche Art von Beteiligung am Dorfgeschehen geht gar nichts...“

 

Die Grundschulzeit wird sehr lebendig beschrieben. Es gibt Probleme, aber auch viele Glücksmomenten. Malina ist unangepasst, kommt jedoch zurecht. Obwohl sie in der Schule gern träumt, schafft sie den Übergang zum Gymnasium. Das aber bedeutete, dass sie nicht mehr mit ihrer besten Freundin die gleiche Schule besuchte.

An ihrem dreizehnten Geburtstag teilt ihr der Vater per Brief mit, dass er die Familie verlassen wird. Für Marina ist das ein Schock. Und er hinterlässt Spuren, die sie über Jahre begleiten werden. Wenig später formuliert sie, was sie selbst will:

 

„...Ich wollte eine Leben voller Widerstände, voller Ecken und Kanten, an denen man sich ständig die Birne anhaute, hinfiel, Narben behielt, aber doch immer wieder aufstehen und weitermachen konnte, weil man brannte für starke Emotionen...“

 

Sie probiert eine Menge aus, was die Jugendkultur der Zeit so bietet. Liebesbeziehungen zu Jungen allerdings sind kein Thema. Mit dem neuen Freund ihrer Mutter kommt sie nicht klar. Sie sieht, wie sich ihre starke Mutter in der Beziehung verändert. Das kann und will sie nicht nachvollziehen. Dass sie selbst nach der Trennung der Eltern psychische Probleme hat, ist ihr nicht bewusst.

Dann lernt sie einen Jungen kennen. Er gibt ihr wieder Lebensmut. Doch die Beziehung wird toxisch. Sie kann nicht mit ihm und nicht ohne ihn. Es folgen depressive Phasen. Es sollte lange dauern, bis sie sich lösen und ein selbstbestimmtes Leben führt kann.

Der Epilog ist ein Kapitel der Hoffnung und des Neuanfangs.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es geht in die Tiefe und zeigt, welche Folgen das Verhalten Erwachsener für Kinder haben kann.