Rezension

Bewegender Auftakt der Winter-Frauen-Trilogie

Leuchtende Tage -

Leuchtende Tage
von Astrid Ruppert

Meine Meinung

Bewegender Auftakt der Winter-Frauen-Trilogie

Ich lese sehr viele Familienromane, die in verschiedenen Zeitebenen spielen. Da möchte man meinen, mich könnte in diesem Genre kein Buch mehr überraschen. Weit gefehlt. Ich bin hin und weg von dem Auftakt der Winter-Frauen-Trilogie.

Die Geschichte beginnt in Wiesbaden 1906. Die blutjunge Lisette Winter ist gerade dabei ihr Elternhaus heimlich zu verlassen. Das warmherzige Mädchen fühlt sich in ihrem Elternhaus wie in einem Gefängnis. Sie braucht kein feines Porzellan und edle Buttermesserchen um glücklich zu sein. Lieber gärtnert sie. Macht sich schmutzig und liebt den Duft von Rosen. Träumt vom Land der Zitronen und Orangen. Hilft gerne in der Küche mit. Sie will in kein enges Korsett gepresst werden. Sie möchte selber Kleider entwerfen. Ihr Notizbüchlein ist voll von einzigartigen Entwürfen. Doch für Frauen gibt es in ihrem Elternhaus nur eines. Einen geeigneten Ehemann finden. In eng geschnürten Kleidern elegant durch die Gegend trippeln und um Himmels Willen nur keine eigene Meinung haben. Eine gute Frau stimmt ihrem Mann in allem zu. Mir wurde ja ehrlich gesagt schon beim Lesen übel. Astrid Rupperts mitreißender Schreibstil hat es mir ermöglicht einen Bezug zu sämtlichen Protagonisten aufzubauen. So war mir Lisettes kühle Mutter mit ihrer übertriebenen Arroganz suspekt. Bei jedem Widerwort, seitens ihrer Tochter, musste sie jedes mal tagelang das Bett hüten. Die zwei Söhne verhielten sich ganz nach ihrem Geschmack. Ihrem Mann ist sie eine unterwürfige brave Frau. Eine Frau mit einem Geheimnis! Für Lisette geht die Sonne auf, als Emile in ihr Leben tritt. Der junge Schneidergeselle und Modezeichner ist begeistert von Lisettes Talent. Nimmt sie ernst. Träumt mit ihr die gleichen Träume. Im Rheingau finden beide Freunde, die ihnen helfen ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Schon bald werden die Kreationen von den Beiden eine Sensation. Das wunderbare Leben erfährt ein jähes Ende, als der 1. Weltkrieg ausbricht.

2006 schlägt sich Lisettes Urenkelin Maya mit einem ähnlichen Problem herum. Die Übersetzerin fühlt sich von Ihrer Mutter Paula nicht verstanden. Möchte ein ruhigeres Leben führen. Hat Angst davor, alleine in verlassene Häuser zu gehen. Führt eine Partnerschaft, die jeglicher Leidenschaft entbehrt. Stellt sich Fragen: Wer sind meine Vorfahren? Wer ist mein Vater? Was hält das Leben mit meinen knapp 30 Jahren für mich bereit? Eines verwundert Maya immer wieder. Keine der Winterfrauen war jemals verheiratet. Jede hatte und hat eine Tochter, die sich nicht verstanden fühlt.

Überwiegend wird die Geschichte von Lisette erzählt. Das hat mir ausgesprochen gut gefallen. Lisettes Temperament und ihre Warmherzigkeit haben mich tief berührt. Ihre Liebe zu Emile knisterte zwischen den Zeilen. Szenen aus dem 1. Weltkrieg haben meine Verbrauch an Taschentüchern in die Höhe schnellen lassen. Ich musste stellenweise das Buch zur Seite legen. Habe mit Lisette und Emile gehofft und geweint. 100 Jahre später entdeckt Maya das Sommerhaus, in dem einst Lisette so glücklich war. Lässt die Vergangenheit wieder aufleben.

Fazit

Diese emotionale Geschichte erzählt uns von der Revolution der Kleider und dem 1. Weltkrieg. Von 1906 – 1931 erleben wir eine Welt, in der Frauen sich ihre Rechte erkämpfen müssen, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Das habe ich schon gefühlte 1000 mal gelesen. Doch noch nie konnte mich dabei ein Liebespaar so berühren. Lisette und Emile haben Träume wahr werden lassen. Haben mein Leserherz zum Leuchten gebracht. Ihnen haben wir Frauen zu verdanken, dass wir kein Korsett mehr tragen müssen. Die Personen und manche Orte in der Geschichte sind fiktiver Natur. Aber solche Menschen hat es wirklich gegeben. Würden wir sonst bis ins hohe Alter Jeans tragen können? Meinen Abschiedsschmerz kann ich nun mit den zwei Folgebänden lindern.

Herzlichen Dank Astrid Ruppert. Ich habe jedes einzelne Wort genossen.