Rezension

Bewegendes Wochenende in Weimar

Ein fabelhafter Lügner - Susann Pásztor

Ein fabelhafter Lügner
von Susann Pásztor

Bewertet mit 3 Sternen

„Mein Großvater war ein Geschichtenerzähler … Das komische an diesen Geschichten ist, dass ausgerechnet die, von denen alle behaupten, dass sie wahr sind, so klingen, als hätte sie jemand erfunden, der nichts vom Geschichtenerzählen versteht.“ (Seite 12)

Zum 100. Geburtstag von Joschi treffen sich drei seiner Kinder und seine einzige Enkelin in Weimar, um ihn zu ehren. Weil, „wer einen jüdischen Großvater hat, ist automatisch bei den Guten, jedenfalls in meiner Schule“ (Seite 75), hat sich die 16jährige Lily freiwillig für ein Referat über Buchenwald gemeldet. Schließlich war ihr Großvater angeblich auch eine Zeitlang in Buchenwald. Allerdings sind sich seine Nachkommen nicht einmal sicher, dass er Jude war. Sicher ist einzig, dass seine zweite Frau und seine beiden älteren Kinder in Auschwitz ermordet wurden.

Es ist ein ungewöhnliches Familientreffen, von dem Lily berichtet. Denn jedes von Joschis Kindern hat eine andere Mutter. Sie wissen voneinander und kennen sich mehr oder weniger flüchtig. Doch so richtig warm sind sie nicht miteinander, schließlich hat jeder andere Erinnerungen an den Vater. Am nächsten war er wohl Lilys Mutter Marika. Bei ihr war er Vollzeitvater, während die Mutter als Lehrerin die Familie ernährte. Gabor und Hannah dagegen hatten ihn nie so intensiv erlebt.

Susann Pásztor, 1957 in Soltau geboren, ist die Tochter eines ungarischen Vaters und einer deutschen Mutter. „Ein fabelhafter Lügner“ war 2010 ihr erster Roman  und wurde in mehrere Sprachen übersetzt.

Trotz des ernsten Themas lässt sie ihre unbekümmerte Protagonistin recht humorvoll erzählen. Allerdings haben sich in den 18 Kapiteln so ein paar Längen eingeschlichen, die zwar den Informationsgehalt nicht  beeinträchtigten, die Lesbarkeit für mich allerdings schon.