Rezension

Bildgewaltige Sprache

Drei Sommer -

Drei Sommer
von Margarita Liberaki

Bewertet mit 4 Sternen

Überhaupt nicht verstaubt dieser wiederentdeckte Klassiker

In "Drei Sommer" geht es um die drei Schwestern Katerina, Infanta und Maria, die in diesen drei Sommern versuchen ihren Lebensweg zu finden.
Erzählt wird meist aus Katerinas Sicht in der Ich-Form. Sie ist mit ihren 16 Jahren die jüngste der drei Schwestern, was sich auch in ihrer Erzählweise bemerkbar macht, die oft sehr sprunghaft ist. Sie kommt von einem Thema ins andere, erzählt mal hiervon, mal davon. Besonders im ersten Sommer fällt das auf, in den nächsten zwei Sommern wird Katerina etwas ruhiger und reifer, auch wenn sie erzählt.
Zwischendrin mischen sich Kapitel in denen ein allwissender Erzähler berichtet, denn alles wissen kann Katerine nun mal nicht, auch wenn sie eine sehr gute Beobachterin ist. Auch gibt es Tagebucheinträge einer weiteren Person.
Dieses Durcheinander aus verschiedenen Perspektiven hat mir sehr gut gefallen, sie lockerten die ganze Geschichte auf.

Die Schwestern sind sehr verschieden. Als Leser glaubte ich sie bald durchschaut zu haben, doch am Ende haben sie so völlig anders gehandelt als ich es erwartet hätte.
Das was man an diesem Buch besonders hervorheben muss, ist die bildgewaltige Sprache der Autorin. Beim Lesen konnte ich fast schon die flirrende Hitze Griechenlands im Nacken spüren, das zirpen der Zikaden hören oder die selbstgepflückten Feigen schmecken.
Katerine liebt ihr Zuhause und sie beschreibt gerne die Schönheit der blühenden Pflanzen und üppigen Gärten, erzählt von der Abkühlung in der Zisterne hinter dem Haus oder von der Geiß, die friedlich auf der Wiese steht.
Aber auch die vielen Bewohner Kifissias finden Platz in ihrer Geschichte. Es wird gerne gefeiert, in die Kirche gegangen, bei einem Ouzo ein Schwätzchen gehalten oder in der kleinen Bäckerei Eclair gegessen. Das Leben in Kifissia ist lebendig, laut und sprüht vor Farben.
Wenn Katerine über die Leute erzählt, prasseln besonders am Anfang eine Unzahl von Namen und Geschichten auf den Leser ein, dass es schon ein wenig erschlagend wirkt. Aber spätestens ab dem zweiten Sommer hat man sich daran gewöhnt und kann dann auch die Leute auseinander halten.

Das Buch gilt als wiederentdeckter Klassiker, und obwohl es schon 1946 erschien, haben die Schwestern überraschend moderne Gedanken einerseits. Andererseits versuchen sie sich doch an die üblichen konventionellen Regeln in der Gesellschaft zu halten, zumindest größtenteils.
Sie erhoffen sich viel vom Leben, wissen aber nicht immer wie dies auszusehen hat. Besonders Katerine weiß oft nicht, wohin mit sich und ihren überschäumenden Gefühlen.
Schön fand ich auch die kleinen Geheimnisse die einige hüten, angefangen bei der Mutter Anna, die sich plötzlich sonderbar verhält und etwas vor den anderen verbirgt.

Bis auf ein paar kleinere Längen hier und da, hat mir das Buch sehr gut gefallen. Hätte ich nicht gewusst, dass das Buch aus den Vierzigern stammt, es wäre mir im Leben nicht aufgefallen. Es wirkt weder verstaubt, noch liest es sich irgendwie altbacken. Daumen hoch!