Rezension

Bis zu dreihundert Jahre...

Der Tulpenbaum (Kurzgeschichte, Liebe) - Karin Kitsche

Der Tulpenbaum (Kurzgeschichte, Liebe)
von Karin Kitsche

Bewertet mit 4.5 Sternen

Manche beherrschen die Kunst der Kurzgeschichte - hier passt eine Mehrgenerationen-Erzählung auf wenige Seiten, leise und berührend...

Beginnend in den 20er Jahren erzählt die Autorin von der Liebesgeschichte ihrer Großeltern und von jenem Tulpenbaum, der die beiden und ihre Nachfahren begleitet. Mitten in den Wiesen und Feldern stand er einst. Längst ist dieses Idyll schmucken Häusern gewichen. Der Baum aber lebt und blüht jedes Jahr aufs Neue und bewahrt die Geheimnisse der Menschen, die sich unter seinem Blätterdach treffen. Und wer seinem Rauschen lauscht, kann sie hören ... 

Interessant finde ich, dass im Klappentext erwähnt wird, dass die Autorin von der Liebesgeschichte ihrer Großeltern erzählt und dass dann auf der nächsten Seite erwähnt wird, dass Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Menschen rein zufällig seien. Das aber nur mal nebenher. Manchmal passen Standardfloskeln einfach nicht...

Die Kunst der Kurzgeschichten beherrst nicht jeder. Karin Kitsche ist es jedoch gelungen, eine Mehrgenerationen-Erzählung auf wenigen Seiten zu präsentieren, die rund, informativ und berührend ist. Großes Kino!

Beginnend mit der Liebesgeschichte der Großeltern tastet sich die Autorin langsam vor in der Chronologie, Leben und Tod stets in engem Tanz verbunden. Große Freuden, aber auch harte Schicksalsschläge werden erwähnt, und trotz des durchaus distanzierten Schreibstils schwingt so viel zwischen den Zeilen mit, dass ich an manchen Stellen schlucken musste.

Der titelgebende Tulpenbaum - ich habe mich informiert: er kann bis zu dreihundert Jahre alt werden - spielt dabei eine zentrale Rolle. Anna lernt ihren späteren Mann auf der Bank unter diesem Baum kennen und lieben, immer wieder kehrt sie dorthin auch mit ihren Kindern zurück und erzählt ihnen die Geschichte des Baums, und auch für spätere Generationen stellt der Tulpenbaum ein Fixpunkt in ihrem Leben dar. 

Dieser Booksnack hat mir sehr gut gefallen und mich in meiner Meinung bestärkt, dass Kurzgeschichten durchaus auch ihren ganz eigenen Reiz haben können...

 

© Parden