Rezension

Bittersüßes Familienepos voller Drama und Emotionen

Die Frauen der Familie Carbonaro -

Die Frauen der Familie Carbonaro
von Mario Giordano

Bewertet mit 5 Sternen

Die Frauen mit den zwei Schatten

Pina Carbonaro, die Tochter des reichen Patrons, Dottore Passqualetta,  träumt als Mädchen davon ihr eigenes Volk zu gründen, doch zunächst muss sie den Fängen ihres brutalen Vaters entkommen! Nach anfänglichen Schwierigkeiten erfüllt sich dann zwar ihr Traum von einer Hochzeit, mit dem von ihr auserwählten Barnaba Carbonaro. Doch nach kurzem Glück bedrücken die Geister der Vergangenheit immer mehr die Gegenwart, sie sitzen sprichwörtlich mit am Tisch. Mit der musikbegeisterten Anna kommt zwar ein Lichtblick in das Familiengefüge. Doch auch sie hat es nicht leicht, denn ihr Ehemann Nino will dem Vater gefallen und der Sizilianer in ihm kommt regelmäßig zum Vorschein. Anna entflieht der bedrückenden Stimmung im Hause Carbonaro und folgt Nino nach München. Besonders Tochter Maria fühlt sich in der bayrischen Metropole bald heimisch.

Die Familiensaga von Mario Giordano „Die Frauen der Familie Carbonaro“ betrachtet die Familiengeschichte einer sizilianischen Familiendynastie aus der Sicht der Frauen, Großmutter Pina, Schwiegertochter Anna und Enkeltochter Maria. Die Drei geben ihre Sicht der Dinge der nächsten Generation weiter. Eindrucksvoll und bildgewaltig gestaltet der Autor dabei seinen Roman. Denn das Leben in Sizilien ist für Frauen kein großes Vergnügen, unterdrückt von patriarchalischen und mafiösen Strukturen sind Frauen ohne Wert, völlig hilflos, sind sie dem Wohlwollen von Männern, Vätern und Ehemännern ausgeliefert! Der Aberglaube und die archaischen Bräuche Siziliens bestimmen das Leben, gewaltvoll ermordete Geister spucken durch die Handlung, Liebe, Hoffnung und Freude sitzen oft nebeneinander. Doch Frauen, die zwei Schatten werfen, sind stark genug, um ihr Schicksal anzunehmen. Die Handlung spielt sich zwischen den Jahren 1900 und 1972 ab, zwei Kriege, Inflationen, Börsencrash, Wirtschaftswunder und auch andere zahlreiche historische Entwicklungen werden zum Thema. Der Beginn des Obstgroßhandels mit der Sonne Sizilien, Zitronen, Orangen und Mandarinen wechseln von Catania nach München und bekommen einen wichtigen Auftritt im Buch.

Der Schreibstil ist außergewöhnlich packend, oft auch dramatisch, voll der brutalen schonungslosen Realität oder durchzogen von Hoffnung und Träumen, also absoluter Lesegenuss. Trotz aller Schattenseiten der archaischen gesellschaftlichen Strukturen kommt die Lebensfreude im Buch nicht zu kurz.

Mein Fazit:

Ganz großartige, sehr unterhaltsame Familiensaga, die mich unglaublich gefesselt hat und mir Lust auf den vorangegangenen Roman des Autors „Terra di Sicilia“ gemacht hat. Dieses Buch lässt sich aber auch ohne Vorkenntnisse gut verstehen. Als Wahlmünchnerin hat mir natürlich besonders die Begeisterung Barnabas für die bayrische Metropole gut gefallen;).