Rezension

Brisant und hochaktuell

Hass im Fadenkreuz - Tatjana Flade

Hass im Fadenkreuz
von Tatjana Flade

Bewertet mit 5 Sternen

„...Alle, die Bescheid wussten, haben dicht gehalten. Die Polizei hatte keinen Namen, keine Gesichter. Es war relativ gefahrlos zurückzukommen...“

 

Nach den letzten Anschläge (Die sind Inhalt des ersten Bandes) hat sich Lys nach Kambodscha zurückgezogen. Dort arbeitet er als Helfer in einer Kinderarztpraxis. In Deutschland aber macht Daniel Kraußler erfolgreich Propaganda für seine rechtsgerichtete Partei. Daraufhin beschließen Lys` Vorgesetzte, die Aktivisten nach Deutschland zu holen. Lys nutzt die Chance, um Esther wiederzusehen. In dem Zusammenhang fällt das Eingangszitat.

Die Autorin hat erneut einen brisanten Krimi geschrieben. Ähnlich wie im ersten Teil geht es um die Frage, ob man Gewalt mit Gewalt bekämpfen kann.

Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Einerseits unterstützt er die rasante Handlung, andererseits lässt er Platz für tiefgründige Diskussionen.

Schnell wechselnde Handlungsorte und Personen sorgen ebenfalls für einen hohen Spannungsbogen. Wie geschickt Massen zu manipulieren sind, macht Kraußler seinen Mitstreitern mit folgenden Worten klar:

 

„...Natürlich äußern wir uns kritisch über die Islamisierung, die EU und greifen die Ängste der Bürger auf. Aber wir müssen seriös bleiben. Wir können nicht als dumpfe rechte erscheinen...“

 

Esther liebt Lys. Doch sie kann und will so nicht mehr leben. Sein Schweigen macht ihr Angst. Sie vermutet, dass er neue Anschläge gegen die rechte Szene plant. Sie lehnt diese Gewaltspirale ab. Dabei ahnt sie nicht im mindesten, dass sie selbst mittlerweile zur Zielscheibe von Lys` Gegnern geworden ist. Sie versucht, Lys` ins Gewissen zu reden:

 

„...Ich kann das nicht einfach so hinnehmen. Ich will nicht, dass du dich ständig in Gefahr begibst und diese falschen Dinge tust...“

 

Gekonnt thematisiert die Autorin die Verführungsgewalt charismatischer Führer mit einfachen Parolen, aber auch die Sinnlosigkeit von Gewalt und Gegengewalt. Gerade Esther macht selbst in schwierigsten Situationen deutlich, dass sie Gewalt und Selbstjustiz ablehnt und dass das Gewaltmonopol in die Hände der Polizei und nicht in die selbstgewählter Gerechter gehört. Dabei wird klar, dass auch Lys und seine Freunde von höheren Chargen instrumentalisiert werden.

An manchen Stellen hatte ich fast den Eindruck, dass die Gegenwart die Geschichte des Buches schon überholt hat.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Ein Zitat aus Esthers Mund fasst das Fazit zusammen:

 

„...Niemand hat das Recht zu töten. Ihr stellt euch auf die gleiche Stufe, auf der diese Terroristen stehen...“