Rezension

Bügeln und büßen

Die Büglerin
von Heinrich Steinfest

Bewertet mit 5 Sternen

Ich kenne so einige, die das Bügeln als Strafarbeit ansehen. Die Büglerin Tonia Schreiber jedoch nimmt dies im neuesten Roman von Heinrich Steinfest durchaus wörtlich. Sie gibt sich die Schuld für ein tragisches Unglück, dass bei einem gemeinsamen Kinobesuch ihrer Nichte Emilie zustößt, und beschließt, ihr restliches Leben damit zu verbringen, Buße zu tun – indem sie die Wäsche reicher Heidelberger Kunden bügelt.

Allein diese Romanidee hat mich derart fasziniert, dass ich dieses Buch unbedingt lesen musste. Und ich wurde nicht enttäuscht. Denn es gibt noch viele andere Aspekte, die den Roman zu etwas ganz Besonderem machen. Der Autor erzählt zum Beispiel von der ungewöhnlichen Freundschaft, die die Tonia mit dem Gemüsehändler Karl Dyballa schließt. Mit welcher Hinwendung beide ihrer Arbeit nachgehen und wie sie trotz ihrer tragischen Vergangenheit gemeinsam einige Glücksmomente im Alltag finden, erzählt Heinrich Steinfest in einem schwebenden, poetischen Ton.

Das Ganze ist eingebettet in eine intelligent komponierte Handlung, denn eines Tages stößt Tonia beim Bügeln auf eine Stickerei, die auf einen Zusammenhang mit Emilies Tod hinweist. Bei ihrer Spurensuche zeigt der Autor sein volles Repertoire an aberwitzigen Ideen, klugen Gedanken, gesellschaftspolitischen Themen und wunderbaren Formulierungen.