Rezension

Bwegendes Jugendbuch

Kascha Nord-Nordost - Anne C. Voorhoeve

Kascha Nord-Nordost
von Anne C. Voorhoeve

Bewertet mit 5 Sternen

„...Du musst deinen Frieden mit den Leuten machen, Kascha...Mach deinen Frieden, dann kannst du auch bleiben, wer du bist...“

 

Wir schreiben das Jahr 1978. Die elfjährige Kascha ist vor kurzem mit ihren Eltern auf einem Bauernhof in den Norden gezogen. Doch die Bewohner des Dorfes lehnen sie ab, weil sie Sintis sind. Sie scheuen sich auch nicht, gegenüber der Polizei zu lügen. Das ist aber nicht Kaschas einziges Problem. Puro, ihr Großvater, ist schwerkrank und hat nicht mehr lange zu leben. Zippi, ihre große Schwester, benimmt sich, als plane sie die Flucht mit ihrem unbekannten Freund. Außerdem gibt es ein Bild von kleinen Tanten, die irgendjemand vor Jahren ermordet hat. Die Mörder laufen noch frei herum.

Und dann bricht die Schneekatastrophe über Norddeutschland herein, plötzlich und unerwartet.

Die Autorin hat ein beeindruckendes Jugendbuch gegen Ausgrenzung und für ein friedliches Miteinander geschrieben.

Die Geschichte wird von Kascha erzählt. Das Buch hat mich schnell in seinen Bann gezogen. Das liegt nicht zuletzt an den lockeren Schriftstil. Trotz des häufig ernstes Themas sorgt Kaschas humorvolle Darstellung in mancher Situationen für Auflockerung. Die Gespräche mit ihrer Cousine haben mir häufig ein Lächeln auf die Lippen gezaubert. Andererseits gibt es emotional bewegende Szenen. Hier werden mit wenigen Worten Gefühle wiedergegeben, sei es die Tränen im Auge des Nachbarn oder Kaschas letztes Gespräch mit Puro. Obiger Satz stammt von Kaschas Opa.

Auf überzeugende Weise wird durch die Handlung belegt, dass sich das Verhalten von Menschen ändern kann. Hilfsbereitschaft und Aufeinanderzugehen bauen Vorurteile ab. Allerdings bedurfte es dazu eine Notsituation, die die Menschen dazu brachte, angebotene Hilfe auch anzunehmen.

Sehr gut hat mir gefallen, dass Kascha mir zeigt, was im Leben der Sinti anders ist. Ihr tiefer katholischer Glaube und das Zusammengehörigkeitsgefühl beeindrucken. Beklemmend ist der Blick in die Vergangenheit.

Beschämend ist an mehreren Stellen das Verhalten der Behörden, insbesondere der Polizei. Hier werden Recht und Gesetz konsequent missachtet.

Das Buch ist spannend geschrieben. Dafür sorgen die komplexen Beziehungen im Dorf und die dem Wetter geschuldete Notsituation. Kascha hatte schnell meine Sympathie. Trotz ihrer jungen Jahren sieht sie das Leben realistisch.

Das Cover mit dem Auto unter dem Schnee charakterisiert die Situation genau.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es hat mich tief bewegt. Es ist ein wichtiges Jugendbuch in unserer Zeit, dass zeigt, wie wertvoll jeder Mensch ist, wenn man ihn in seiner Verschiedenheit akzeptiert.