Rezension

...charmant-poetische Weihnachtsgeschichte!

Weihnachtshaus - Zsuzsa Bánk

Weihnachtshaus
von Zsuzsa Bánk

Ich klappte das kleine Büchlein zu, behielt es noch für einen kurzen Moment in den Händen, bevor ich es endgültig zur Seite legte, um dann sinnierend in mich hinein zu horchen. Was war es? Welche Gründe könnten es geben? Da hat Zsuzsa Bánk einen melancholischen Roman verfasst, der in beinah märchenhaften Bildern die Geschichte einer Freundschaft erzählt. Doch der berühmte und vielbemühte Funke wollte nicht überspringen…

Zwei Freundinnen betreiben ein Café in Frankfurt am Main. Es ist Weihnachtszeit, Advent. Die eine ist Mutter von zwei Kindern, ihren Ehemann hat sie vor Jahren verloren. Ihre Freundin Lilli ist früh Mutter geworden und hat ebenfalls eine schwierige Vergangenheit. Mit einer guten Gabe Humor und Lebensklugheit meistern die beiden Frauen ihren Alltag – als Mütter, als Freundinnen, als Geschäftsfrauen und als Hausbesitzerinnen. Denn einige Zeit zuvor haben sie zusammen ein Wochenendhaus im Odenwald gekauft, unbewohnbar noch, das Dach offen, keine Fenster. Doch immer wieder Ziel ihrer Gedanken und Träume: Irgendwann einmal Weihnachten in diesem Haus feiern, alle zusammen, das wäre wunderbar! Doch so eingespannt, wie sie in ihrem Lebensalltag sind, brauchte es wohl einen Engel, der sich um alles kümmert…

(Inhaltsangabe der Homepage des Verlages entnommen!)

Die Autorin versucht das Wagnis, viele Themen in ihrer Erzählung anzusprechen oder zumindest anzudeuten: Trauer, Alltagsbewältigung, Demenz, psychische Erkrankung, erlittene Kränkungen. Dabei gelingt ihr dieses nicht immer ganz ungefährliche Kunststück, dass die Handlung dadurch nicht überladen, nicht zu schwer wird. Vielmehr fließen diese Themen wie selbstverständlich in die Zeilen ein, ganz unaufgeregt, nie wertend. Es sind nun mal Themen, die uns alle tagtäglich streifen könnten. Es sind alltägliche Themen, denen wir uns nicht entziehen können, vielleicht auch nicht entziehen möchten.

Bánks Schreibstil ist sehr poetisch in der Form, wie sie Wörter verwendet und dadurch die Sätze zusammenstellt. Durch die Wiederholung der Wörter und der Kreation eigener Wortschöpfungen erhalten ihre Sätze einen sehr besonderen Klang, einen sehr dynamischen Rhythmus. Dank der Leichtigkeit der Melancholie fühlte ich mich beim Lesen nie erdrückt. Zumal die positive Botschaft immer präsent war: Irgendwo ist immer Hoffnung!

Gerade die Advents- und Weihnachtszeit kann sich nach dem Verlust eines geliebten Menschen oder auch „nur“ nach einer Trennung vom Partner sehr bedrückend gestalten: Da blockieren Gedanken an Vergangenes und ein Konglomerat aus vielfachen Gefühlen den Beginn eines Trauer- und somit Heilungsprozesses. Doch trotz Themen wie Trauer und Trauerbewältigung setzt dieses Buch auch einen Appell für die Freundschaft: Freundschaften überstehen durchaus die eine oder andere Zerreisprobe und können haltbarer sein als so manches familiäre Band.

Doch warum – bei all den genannten positiven Attributen – sprang bei mir der Funke nicht über? Ich könnte es lapidar mit dem Spruch „Falsches Buch zur falschen Zeit!“ abtun und zur Tagesordnung übergehen. Doch dann würde ich es mir zu einfach machen. Ich glaube eher, dass hier ein Phänomen zum Tragen kommt, dass mir in der Vergangenheit durchaus schon begegnet ist. Es handelt sich um das Phänomen, dass ein Leser/eine Leserin eine gewisse Reife benötigt, um besondere Geschichten gänzlich begreifen und somit wertschätzen zu können.

Das „Weihnachtshaus“ wandert vorerst wieder ins Regal und bleibt dort so lange, bis ich reif für eine weitere Begegnung bin.