Rezension

Coole Idee und starke Szenen, aber zwischendurch fehlende Ausarbeitung der Entwicklungen

Riders - Veronica Rossi

Riders
von Veronica Rossi

Bewertet mit 3.5 Sternen

Ich fand die Idee hinter dem Ganzen unheimlich cool und mochte das Konzept auch unglaublich gerne. Dieses Buch dreht sich um christliche Mythologie - apokalyptische Reiter, Dämonen, Engel - und ich fand die Interpretation einfach ziemlich genial. Vier Jugendliche, die sterben und dann zu apokalyptischen Reitern werden, ohne einen Plan von irgendwas? Unglaublich coole Idee, von der ich definitiv begeistert war.

Dementsprechend wollte ich das Buch lieben. Ich wollte, dass ich es anschließend uneingeschränkt empfehlen kann, ich wollte selbst restlos begeistert sein, doch das gelang mir nicht. Und das lag in erster Linie daran, dass mir zwischendurch die Entwicklungen fehlten.
Das Buch hat eine Menge sehr starker Szenen und unheimlich viel Potenzial, sowohl in Bezug auf den Plot als auch auf die Charaktere und die Beziehungen zwischeneinander. Umso mehr fand ich es schade, dass dieses Potenzial in meinen Augen viel mehr Ausarbeitung benötigt hätte.

Gerade am Anfang habe ich Gideons Handlungen oft überhaupt nicht nachvollziehen können, einfach weil ich keine Ahnung hatte, warum er tut, was er tut. Es war cool, keine Frage, aber ich habe den Grund nicht verstanden. Warum bricht er auf, um die anderen apokalyptischen Reiter zu finden, wenn er kaum Informationen von einem Mädchen bekommt, das er nicht kennt, das aber behauptet, ihn zu leiten? Wenn er nicht weiß, was seine Aufgabe ist?
Und auch sonst hatte ich teilweise das Gefühl, die Autorin hätte diese ganzen coolen Szenen im Kopf gehabt und runtergeschrieben, und dann vergessen, die Entwicklungen und Verbindungen dazwischen zu schaffen, was insofern extrem schade ist, als dass man einerseits sehr coole Szenen hat mit immens viel Potenzial, dann aber wieder Entwicklungen fehlen. Das wird zum Ende hin etwas besser, ganz zum Schluss kommt aber wieder so ein Bruch, bei dem ich das Gefühl hatte, etwas verpasst zu haben.

Dabei haben, wie gesagt, auch die Charaktere sehr viel Potenzial. Gideon ist ein eher ungewöhnlicher Protagonist, allein schon, weil er Soldat ist und sich in die US Army eingeschrieben hat. Gleichzeitig machte es das zwischendurch für mich etwas schwierig, seine Beweggründe nachzuvollziehen, wirkt aber authentisch.
Dabei ist Gideon Soldat durch und durch. Er denkt immer strategisch, wählt in Lokalen den Platz mit den besten Sicht- und Fluchtmöglichkeiten, übernimmt immer dir Führung und hasst es, die Kontrolle zu verlieren. Das ist für einen Protagonisten eher unüblich, dadurch aber durchaus auch interessant. Gleichzeitig passt auch seine Identität als Krieg zu ihm - er kann jähzornig sein und sehr aufbrausend. Das macht ihn auch zu einem Charakter mit Ecken und Kanten und zugleich sehr faszinierend.

Ebenso faszinierend sind auch die anderen Charaktere, wobei ich mir da teilweise gewünscht hätte, sie näher kennenlernen zu können - aber vielleicht geschieht das ja in der Fortsetzung. Hier ist vor allem auch die Dynamik zwischen den Charakteren sehr interessant. Dabei entstehen auch einige humorvolle Dialoge, die mich zum Grinsen brachten.
Es gibt auch eine kleine Liebesgeschichte, wobei mir Gideons Gefühle anfangs ein wenig aus dem Nichts kamen (Stichwort fehlende Entwicklungen), die Sache selbst sich aber dann langsam und durchaus nachvollziehbar entwickelt.

Hervorzuheben ist dabei auch noch mal die Erzählweise: Wir beginnen in der Gegenwart, in der Gideon gefangengehalten und verhört wird. Dabei wird er aufgefordert, seine Geschichte zu erzählen - das nimmt dann den größten Teil der Handlung ein und teilweise vergisst man als Leser*in, dass Gideon eigentlich gerade das Ganze nur erzählt, weil das kaum auffällt. Bis man dann wieder für kurze Kapitel zurück in die Gegenwart springt.
Was jetzt verwirrend klingt, war aber tatsächlich für mich kein Problem. Ich hatte immer im Hinterkopf, dass Gideon das Ganze eigentlich gerade im Verhör erzählt, trotzdem erschienen die Ereignisse bildhaft vor meinem inneren Auge und ich wurde in keinster Weise im Lesefluss gestört. Allerdings lag so die Spannung für mich eher in der Gegenwart, während ich bei dem Teil in der Vergangenheit eher darauf wartete, dass es endlich zu der Gegenwart kam. Insgesamt ließ sich das Buch sehr flüssig lesen und ich habe es innerhalb von anderthalb Tagen durchgelesen.

Fazit: Unglaublich coole Idee auf Basis der christlichen Mythologie, bei der vier Jugendliche als Inkarnationen der vier apokalyptischen Reiter wiedergeboren werden - eine Idee, die extrem viel Potenzial hat, wo mir aber zwischendurch die Ausarbeitung und die Entwicklungen trotz vieler sehr starker Szenen fehlten. Erzählt wird die Geschichte (buchstäblich) aus der Sicht eines eher ungewöhnlichen Protagonisten, der durch seine Identität als Soldat charakterisiert ist, sehr bestimmend auftritt und so auch Ecken und Kanten hat. Nicht immer sind seine Handlungsmotive allerdings klar. Insgesamt flüssig zu lesen mit ein paar humorvollen Dialogen und einer tollen Dynamik zwischen den Charakteren.