Rezension

„Dafür haben wir den Ingenieur.“

Die geheimnisvolle Insel
von Jules Verne

Bewertet mit 4.5 Sternen

Mitten im Krieg, im Jahre 1865, beschließen ein paar Kriegsgefangene einen Heißluftballon zu stehlen, um zurück hinter ihre eigenen Linien zu gelangen. Doch was sie nicht bedachten, war der Orkan, der aufkam und sie weit ab von ihrem Kurs trug. Irgendwo über dem Pazifik, in der Nähe einer Insel, stürzten 5 Mann und 1 Hund in die Fluten. Doch leider wurden sie dabei teilweise getrennt und erst nach und nach konnte die Gruppe wieder zusammenfinden und das Eiland erkunden. Sie bewohnen die Inseln in dem Glauben, dass sie die Einzigen dort sind, und wundern sich dann über so manches Ereignis. Sollte es doch schon einen Herrscher über die Insel gegeben haben?

Jules Verne schreibt eine Robinsongeschichte, die so ganz anders verläuft als die, die man typischerweise kennt. Denn, dank des Ingenieurs, der einer der Gestrandeten ist und auch dem Wissen manch anderer Mitgestrandeten, beginnen sie schon bald die Rohstoffe der Insel zu nutzen und ihre eigene kleine Zivilisation zu entwickeln. Wer jetzt denkt, dass mit Rohstoffen Holz gemeint ist, der liegt falsch. Sie wissen, wie man quasi aus nichts Feuer macht und vor allen Dingen wissen sie wie man unter anderem Lehm brennt, Eisen gewinnen und sich so schnell diverse Werkzeuge und Alltagsgegenstände herstellen lassen. Ich war doch stark beeindruckt wie sie immer das Richtige fanden um bestimmte Materialen herstellen zu können. Und vor allen Dingen wussten, aus was sich was herstellen lässt und natürlich auch dass genau dies das benötigte Material ist. Gut gefällt mir dabei dass, wenn Verne genaue Methoden wie zum Beispiel das Herstellen von Mehl aus dem Brotbaum beschreibt, er auch erwähnt, dass dessen (des Mehls) Ausfuhr aus Japan streng verboten ist (zumindest zu der Zeit, in der das Buch geschrieben wurde, die Aktualität habe ich nicht recherchiert).

Nicht nur diverse Materialien, sondern auch Tiere werden von den Bewohnern gehalten, versorgt und teilweise auch zum Arbeiten verwendet. Durch eine merkwürdige Begebenheit treffen sie auf einen Orang-Utan den sie bald Jup nennen und der als Mitglied in die Gemeinschaft mit aufgenommen wird. Dieser Orang-Utan lernt im Haushalt und auch bei sonstigen Aktivitäten zu helfen und benimmt sich teilweise sehr menschlich.

Kurz stutzig wurde ich, als der Autor die vor der Insel ruhenden Robben als Amphibien bezeichnete. Denn die Robben gehören derzeitig in die Klasse der Säugetiere. Diese sowie die Amphibien gehören beide zum Unterstamm der Wirbeltiere, teilen sich dann aber in Amphibien und Amnioten (zu denen die Säugetiere gezählt werden). Dementsprechend ist meine Verwunderung zu erklären. Meine Recherche brachte mich allerdings zu einem Buch von 1837 in dem Robben als Amphibien-Säugetiere bezeichnet werden und auch dargelegt wird das diese nicht mit den klassischen Amphibien (kaltblütig) zu verwechseln sind. Da der Autor zu Zeiten dieser Ansicht lebte, ist es nicht verwunderlich, dass er Robben als Amphibien bezeichnete – auch wenn es anders, als heutzutage, gemeint wurde.

Als Krönung dieser schon wirklich tollen Geschichte von Jules Verne, hat er dieses Buch gleichzeitig als würdigen Abschied eines Protagonisten aus einem seiner anderen Bücher genutzt und dieses Buch auch namentlich in die Geschichte mit einfließen lassen.

In meiner Ausgabe aus dem Jahr 1967 sind auch die aussagekräftigen Holzstich-Illustrationen aus der ersten französischen Gesamtausgabe abgedruckt. Diese unterstützen das Eintauchen in diese Geschichte von Jules Verne, die mir sehr gut gefallen hat. Ein Klassiker, der sich zu lesen lohnt und es erschreckender Weise so scheint, als hätte Jules Verne viele gesellschaftliche Ereignisse schon vorher gewusst.