Rezension

Das Guruparadox

Das Guruparadox - Kollektiv Conscious Evolution

Das Guruparadox
von Kollektiv Conscious Evolution

Die Selbsthilfegruppe als politische Aktion

Insgesamt ein interessantes Buch, das mich zum Nachdenken angeregt hat und es noch tut. Die Kapitel "Paradigmenwechsel" und "Die Selbsthilfegruppe als politische Aktion" haben mich besonders bewegt. Im Prinzip ist die Kernaussage die Erweiterung einer systemischen Sichtweise auf die Gesamtgesellschaft: Was ist zu sehen, wenn die tendenziell eher schlecht funktionierenden Menschen die Symptomträger einer kranken Gesellschaft sind? Wenn es beispielsweise nicht Depressive mit einem Zuwenig an Lebensfreude sind, sondern Melancholiker, die schlichtweg einfach mehr, zu viel sehen??? Und was würde passieren, wenn sich solche Menschen zusammenfänden und ihr "Mehr" als eine Stärke definieren, statt es als Schwäche zu verstehen? Während diese Überlegungen zunächst einmal fast philosophisch anmuten mögen, sind sie verknüpft mit einem Gesamtkonzept einer grundlegenden Gesellschaftskritik, das sich in den beschriebenen Gruppenexperimenten, so schon nicht beweisen, so doch zu belegen scheint. Dabei wird Bezug genommen auf einen recht ausführlich anmutenden Querschnitt aktueller und altbekannter Fachliteratur.

Das Fazit, dass sich sowohl "lineare" Beziehungen, als auch der gesellschaftliche Gesamtzusammenhang darstellen lassen in einem Wechselspiel von Strukturen, ein System, das Marionetten gleich einen immer ähnlichen Tanz aufführt (das entsprechende Kapitel heisst "Tanz der Strukturen") ist sowohl mutig als auch im eigentlichen Wortsinne ernüchternd. Könnte es tatsächlich sein, dass unsere Lebensweise keine "artegerechte Haltung" ist und die daraus resultierende individuelle wie kollektive neurotisch verdrängende Deformität ursächlich ist für einen "komplex blinden Fleck", etwas untergründig Verdecktes, das wir bisher so noch gar nicht erkannt haben? Ich empfehle Ihnen also dieses Buch, wenn Ihnen diese Fragen etwas zu denken geben. Es handelt sich allerdings nicht um Fachliteratur im engeren Sinne, eher ist es eine Art Bericht eines organisch gewachsenen Experimentes. Ich wünsche mir, dass die aufgestellten Thesen Beachtung finden und fortgeführt werden. Individuell wie kollektiv. Weil, wenn ich auch sicher nicht mit allem übereinstimme, an vielen Überlegungen ist zweifelsohne etwas dran.