Rezension

Das Leben ist wie eine Pralinenschachtel...

Novemberschokolade - Ulrike Sosnitza

Novemberschokolade
von Ulrike Sosnitza

Bewertet mit 4 Sternen

~~Lea besitzt in Würzburg eine kleine, aber feine Chocolaterie, die sie mit Hilfe ihrer beiden Angestellten Stella und Herlind betreibt. Doch leider steckt Lea in finanziellen Schwierigkeiten, die sie heimlich vor sich herschiebt. Ihre Vermieterin sitzt ihr bereits im Genick, so dass sie ihre Wohnung räumt und insgeheim in der Chocolaterie übernachtet. Ihre einzige Rettung sieht sie in der Kreation einer Praline für einen Hotelkonzern, der einen Wettbewerb ausgeschrieben hat. Von einem Tag auf den anderen wird Leas Leben recht turbulent, denn sie begegnet nicht nur dem attraktiven und geheimnisvoll duftenden Alessandro, dem Sohn des italienischen Restaurantbesitzers gegenüber ihrer Chocolaterie, sondern findet durch Zufall auch ein Bild ihrer Mutter Anne auf einem Prospekt. Lea ist bei dem Anblick völlig vor den Kopf geschlagen, denn sie hat ihre Mutter seit ihrer Kindheit nicht mehr gesehen, weil diese ihren Mann und ihre Tochter sang und klanglos verlassen hat. Lea macht sich auf, Anne zu finden und den Grund ihres Weggangs zu ergründen. Was sie dabei erfährt, zieht ihr den Boden unter den Füßen weg. Wird Lea in der Lage sein, ihr Leben in den Griff zu bekommen und auch ihre Chocolaterie zu retten?
Ulrike Sosnitza hat mit ihrem Buch „Novemberschokolade“ einen wunderschönen und gefühlvollen Unterhaltungsroman vorgelegt, in dem es um Familiengeheimnisse, die Liebe und um viele Schokoladenherrlichkeiten geht, bei denen einem ständig das Wasser im Mund zusammen läuft. Der Schreibstil ist flüssig, der Leser steht von der ersten Seite als Schatten hinter Lea und erhält einen guten Eindruck von ihren Gedanken und Gefühlen. Die Beschreibung der Herstellung von handgemachter Schokolade, den verschiedenen Schokoladensorten und Herkunftsländern sowie die Erwähnung der großen Trüffelvielfalt machen einen beim Lesen ganz schwummerig, als wäre man auf Drogenentzug, so sehr lechzt man nach den Köstlichkeiten, die Gott-sei-Dank nicht in Reichweite sind. Die Schilderung der Düfte und Geschmackssorten ist sehr gelungen, fast hat man das Gefühl, diese selbst in der Nase und auf der Zunge zu haben. Der Spannungsbogen baut sich gemächlich auf und steigert sich im Verlauf der Handlung immer mehr. Das Familiengeheimnis wurde von der Autorin sehr gut verpackt und wird erst nach und nach entblättert, so dass der Leser genügend Raum für Spekulationen und eigene Vermutungen hat.
Die Charaktere sind sehr vielfältig aufgestellt und liebevoll ausgearbeitet, der Leser wird dazu animiert, seine Meinung immer wieder zu hinterfragen. Dabei wirken sie sehr authentisch und lebensecht. Lea ist eine begnadete Chocolatiere, liebt ihren Beruf mit allen Sinnen, aber sie ist eine schlechte Geschäftsfrau. Sie ist gutmütig, freundlich, oftmals leider auch etwas naiv. Lea musste in ihrer Vergangenheit schon einige Schläge hinnehmen, weshalb sie auch etwas zurückhaltend und ängstlich wirkt. Doch ihre Sehnsucht nach Liebe und nach der Wahrheit ist immer spürbar. Alessandro ist ein sympathischer Mann, der zu Beginn eher wie ein italienischer Filou wirkt, doch immer mehr zur Stütze und Fels in der Brandung für Lea wird. Sebastien ist ein Star-Chocolatier und ehemals größter Konkurrenz von Leas verstorbenem Vater. Zuerst wirkt er wie ein Snob, doch je näher man ihn kennt, umso mehr staunt man über seine Großzügigkeit und vor allem seine Menschlichkeit. Anna ist eine selbstsüchtige Frau, egoistisch und abgehoben. Sie sieht sich selbst als Opfer, dabei ist sie oftmals hart und unnahbar. Sie ist launisch und gibt allen anderen die Schuld für die Dinge, die in ihrem Leben schief gehen. Auch die Nebenprotagonisten unterstreichen die gefühlvolle und gut ausgearbeitete Handlung mit ihren kleinen Episoden und ihren Eigenheiten.