Rezension

Das Leid und der Glaube

Du bist da in meinem Schmerz -

Du bist da in meinem Schmerz
von Roland Hardmeier

Bewertet mit 4 Sternen

„...Leiden ist wie eine Dame in Schwarz. […] Wenn die Dame in Schwarz auftrete, empfehle es sich, sie nicht wegzuschicken, sondern als Gast zu Tisch zu bitten und zu hören, was sie zu sagen hat...“

 

Diese Zeilen stammen aus dem Vorwort des Buches. Der Sinn dahinter ergibt sich, wenn man das Buch gelesen hat.

Der Autor hat sich der Frage des Leides und des Bösen in der Welt in drei Kapiteln angenommen. Dadurch tastet er sich nach und nach an eine sinnvolle Antwort heran. Der Schriftstil ist über weite Strecken sachlich, Es finden sich aber auch emotionale Szenen. Da der Autor selbst durch das Tal des Leidens musste, bleibt das Buch nicht theoretisch. Er lässt seine Erfahrungen einfließen.

Das erste Kapitel beginnt heftig. Mit Originalzitaten von Elie Wiesel wird die Zeit des Nationalsozialismus in Erinnerung gerufen. Daraus ergibt sich ein provokative Frage: Wo war Gott? Wie passt das alles mit der Tatsache zusammen, dass Gott allmächtig, allwissend und gut ist?

Der Autor zeigt, dass eine Relativierung der Eigenschaften Gottes keine Lösung ist. Dann geht er dazu über, das Übel neu zu bewerten, bevor er untersucht, wie die verschiedenen Religionen das Leid betrachten. Im Blick auf die Gegenwart formuliert er:

 

„...Unsere Generation hat mehr Wohlstand und Sicherheit erreicht als alle anderen Generationen vor ihr. Eigentlich müssten wir die glücklichsten aller Menschen sein.[…] Und doch sind wir eine leidensscheue Generation...“

 

Mit seinem persönlichen Beispiel unterlegt er die fünf Phasen des Umgangs mit Leid. Deshalb wird es hier sehr praktisch.

Im zweiten Kapitel zeigt er, wie das Leid Persönlichkeiten der Bibel geformt hat. Neben Hiob wird das Leben von Jeremia, Paulus und David analysiert. Einer der Kernpunkte, die sich daraus ergeben, lautet:

 

„...Denn wenn Gott das Leiden ausschließen wollte, müsste er uns die Freiheit nehmen, so dass wir einander keinen Schaden mehr zufügen könnten...“

 

Ausführlich geht er auf Jesus und das Kreuz ein und die Folgen des Christentums für die Menschheit. Hier fehlen mir allerdings ein paar kritische Betrachtungen, vor allem als über Sklaverei und Menschenwürde gesprochen wird.

Das dritte Kapitel wendet sich dem persönlichen Umgang mit dem Leid zu. Hier steht die Bibel mit ihren Aussagen im Mittelpunkt. Besonders die Analyse der Psalmen empfinde ich als hilfreich. Gleichzeitig geht es um Vertrauen zu Gott. Im Leid kann man reifen oder zerbrechen. Ich möchte dazu keine weiteren Ausführungen machen, denn dieses Kapitel zwingt jeden zur persönlichen Auseinandersetzung mit seinem Glauben.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es ist geschickt aufgebaut und gibt am Ende Antwort auf die Eingangsfragen.