Rezension

Das Meer kann viele Farben haben, wenn man genau hinschaut...

Das Meer in meinem Zimmer - Jana Scheerer

Das Meer in meinem Zimmer
von Jana Scheerer

Dieser Roman von Jana Scheerer ist "schrecklich schön", da der Inhalt viel schrecklicher und schwerer zu ertragen ist, als vom Klappentext zu vermuten, und schön, weil die Sprache der Autorin herausragend passend diesen Inhalt vermittelt.

Es geht eben nicht "nur" um einen verstorbenen Vater. Nein, Scheerer beschreibt in einem Erzählstrang die Geschehnisse in den 24 h ab Todesmittelung an die Familie und dazwischen schiebt sie gekonnt Rückblenden aus dem zerrütteten Familienleben vor dem Tod des Vaters Pax. Besonders diese Tableaus erschrecken immer wieder in ihrer Heftigkeit und mitunter psychischen Grausamkeit. Dabei vermittelt die Sprache der Autorin eine pragmatische Abgeklärtheit. Die Ich-Erzählerin Jolanda, älteste Tochter von Pax, bei dessen Tod gerade das Abitur abgeschlossen, nutzt eine reduzierte und durchaus mit trockenem Witz versetzte Sprache um ihre Erlebnisse darzulegen. So müssen Emotionen gar nicht explizit ausgesprochen werden, sondern werden durch die reduzierte Sprache besonders gut transportiert. Die lakonische Art des Erzählens evoziert beim Leser daher noch mehr die Emotionen der Protagonisten und lässt den dringenden Wunsch entstehen, aktiv in die quälende Handlung eingreifen zu können. Es ist bisher nur wenigen Autoren gelungen, mein Herz so fest zu packen und dabei zuzudrücken. Die Unerträglichkeit wird fast körperlich spürbar. Die Sprache der Autorin stellt für mich die größte Stärke des Buches dar.

Insgesamt handelt es sich hier um einen intensiven Roman, der es in seiner Kürze schafft eine breite Palette an Emotionen beim Leser zu erzeugen. Das Meer kann viele Farben haben, wenn man genau hinschaut...