Rezension

Das Monster zerstören

Kindermund - Pola Kinski

Kindermund
von Pola Kinski

Bewertet mit 4 Sternen

Wie wird man damit fertig, wenn einen der eigene Vater über Jahre sexuell missbraucht? 
Pola Kinski, die Tochter des Schauspielers Klaus Kinski, gibt darauf eine eindrucksvolle Antwort.

Mit Klaus Kinski ist eine ganze Generation aufgewachsen und hat sich an seiner exaltierten, durchgeknallten Art geweidet. Er war der ideale Bösewicht der Nachkriegszeit, der Verrückte in Edgar Wallace- Verfilmungen und Italo- Western, und später der Maniac in Werner Herzogs Kultfilmen. Als genialer Schauspieler wurde er tituliert, als Künstler, der keine Grenzen kennt, und innerhalb dieser künstlerischen Narrenfreiheit, vergaben ihm Presse und Publikum ein Benehmen, welches man heute als toxisch, oder gar psychopathisch einordnen würde. 
Für Außenstehende mag Verhalten Kinskis ein Spektakel gewesen sein, für seine älteste Tochter war es die Hölle.

Seit ihrem fünften Lebensjahr hat sich der Vater an ihr vergriffen, hat sie auch verbal gedemütigt und einen tiefen Ekel, eine kaum zu überwindende Scham und ein zerstörerisches Schuldgefühl in ihr zurückgelassen.

Pola Kinskis Versuch, sich mittels dieser Autobiografie vom Dämon des Vaters zu befreien, ist rundum geglückt. Nicht nur versteht sie es, die tiefe Einsamkeit eines missbrauchten Kindes verständlich zu machen, auch der Verzweiflung, der Hoffnungslosigkeit und der unbegreiflichen Loyalität ihrem Peiniger gegenüber gibt sie Ausdruck. Man muss den Hut ziehen vor so viel Ehrlichkeit und Schonungslosigkeit. 
Kinski war ein verabscheuungswürdiger Kinderschänder, ein kranker Geist, welcher in die Psychiatrie gehört hätte, was ebenfalls zutiefst erschüttert, ist die Tatsache, dass sowohl Pola Kinskis Mutter, als auch die beiden anderen Ehefrauen von Klaus Kinski, dem schändlichen Treiben ihres Mannes kommentarlos zugesehen haben. 
Dieses Buch ist eine Aufforderung hinzusehen, sich einzumischen, nicht zu schweigen, wenn wir es mit Pädophilie zu tun haben.