Rezension

"Dat war wohl nix...!"

Christstollen sind doch auch schon da
von Hubert Vom Venn

Bewertet mit 2 Sternen

Eigentlich haben mich Bücher von Hubert vom Venn wiederholt enttäuscht, wenngleich es auch sehr gute Ausnahmen wie "Väter unser", "Die Hand im Moor" oder "Alles für die Katz" gibt. Immhin hat der mittlerweile über 60 Jahre alte Regional-Promi über 20 Bücher veröffentlicht. Und trotz einer gewissen Skepsis, wollte ich dem neuen Werk eine Chance geben, als ich entschied "Christstollen sind doch auch schon da: Das Buch für die besinnlichen Tage des Jahres" als digitale Version zu lesen. Das gute Nachricht ist: ich habe den Umsatz des Eifelkabarettisten gesteigert, aber die schlechte Nachricht bleibt, dass dieses sonderbare Büchlein sein Geld nicht wert war.

In einer vermeintlich witzigen und angeblich humorvollen Art und Weise versucht Hubert vom Venn, der eigentlich Franke heißt, einen besonderen Bezug zwischen Eifeler Menschen und Weihnachten zu "stricken". Dazu geht er auch recht ungehemmt ans Werk, jedes Klischee zum Thema Weihnachten und überfrühes Weihnachtsgebäck in Supermärkten auf's Korn zu nehmen.  Nur scheint ihm selbst verborgen, dass jeder dieser hinkenden Witze einen derart langen Bart hat, dass er überhaupt nicht merkt, dass er  der x-te Spaßvogel ist, der krampfhaft versucht, an längst ausgelutschten Späßen noch eine Prise Witz zu drapieren. Zu diesem Stottern auf drei statt vier Zylindern eines Witzmotors fällt auch mir nur eine abgedroschene Phrase ein: "Witz, komm' raus, du bist umzingelt!".

Soweit, so gut. Damit ist das größte Manko des schmalen Büchleins bereits skizziert. Aber leider ist das nicht der einzige Unsinn, den ich bei der Lektüre von "Christstollen sind doch auch schon da: Das Buch für die besinnlichen Tage des Jahres" entdecke, nein, der Herrn vom Venn kann's auch nicht lassen, überholte und arg verstaubte Klischees über den "Eifeler an sich" hinter dem Ofen hervorzuholen. Da frage ich mich, ob er eventuell ein Uralt-Manuskript um die Jahrhundertwende herauskramte. Wohlgemerkt, der Umstieg vom 18. ins 19. Jahrhundert. Nix Millenium und Jahr 2000 !!! Liest man, wie Hubert vom Venn den Eifeler umschreibt, bleibt so ein Gefühl, als würde Hein Blöd den Spongebob zum Tanze auffordern. Eine derart flache Definition des Eifelers selbst, seiner Lebensart und seiner Weltoffenheit , ist für mich eine absolute Novität. Es ist wirklich schon peinlich, wie der Venn-Hubert die Eifeler Damenwelt einfältig darstellt, dass sie erstmal eine spezielles Kleid und Accessoires im Modegeschäft vor Ort einkauft, bevor sie sich überhaupt in die Großstadt wagt. Damit meint der Autor beispielsweise das nahe Aachen, somit eher ein "Großstädtchen". Ihm scheint aber nicht bekannt zu sein, dass der Eifeler von heute sich schon seit Jahrzehnten Richtung Aachen und auch zurück bewegt. Und, auch nicht zu verachten, der Eifeler an sich, fällt nicht nur zu Weihnachten in Aachen ein. Das ist sogar ein Ganzjahresthema.

Der Autor baut auch seine Frau ein. Dialoge von, zu und über Weihnachten sind nicht zu unterschätzender Teil des Büchleins. Mir ist allerdings nicht ganz klar, ob die Darstellung seiner "besseren Hälfte" letztlich fiktiv ist, oder aber das bilaterale Miteinander real ist. Für mich bleibt, ob fiktiv oder real festzustellen: gut, dass das nicht meine bessere Hälfte ist. Anderseits macht es ihr Pendant es ihr auch nicht leicht, wenn Eigensinn, nach meinem Geschmack schrullige Antworten und recht "individuelle" Sichtweisen zutage kommen. Bei der Lektüre kommt dann irgendwann ein Moment, wo der Leser versucht ist, sich auf's Querlesen zu verlegen, denn die Schoten, lauen Witze, trägen Späße und mauen Gags täuschen nicht darüber hinweg, dass sich die nächste Frage auftut: wer ist das Zielpublikum für Venn'sche Jokes? Man bedenke, er tritt ja auch als Kabarettist in den Regionen der Eifel auf. Ostbelgien und die Voreifel sind gelegentlich auch Teil einer Tournee, wie ich mich erinnere. Teile des Buchs, so wie ich es verstanden habe, sind anscheinend auch dem Bühnenprogramm entnommen. Dann bin ich letztlich beruhigt, dass ich mit 4,99 Euro noch halbwegs gut davon gekommen bin, denn zum Lachen gehe ich jedenfalls nicht in den Keller und mit Sicherheit auch nicht zum Venn. Egal, wie ich das kleine Buch angehe ... ich kann nicht lachen, und es ist nicht witzig. Vielleicht bin ich mit 52 Jahren noch zu jung, um diesem Versuch witzig zu sein, etwas abgewinnen zu können.

10.10.2016 / Jean-Louis Glineur