Rezension

"Deine große Barfußmädchenseele, Asta, ewig lebt sie, webt und wirbt." (Joachim Ringelnatz)

Das Haus der Winde -

Das Haus der Winde
von Sylvia Frank

Bewertet mit 4 Sternen

1934. Der berühmte dänische Stummfilmstar Asta Nielsen besitzt auf der Ostseeinsel Hiddensee das Haus „Karusel“ nach einem Entwurf des Architekten Bruno Taut, wo sie den Sommer in Begleitung ihrer Schwester Johanne verbringt, um sich vom Berliner Trubel zu erholen und Abstand zu gewinnen. Als sie dem Fischer Kai kurz vor der Überfahrt von Strahlsund nach Hiddensee begegnet, macht dieser sie neugierig aufgrund seiner erfrischenden unbekümmerten Art , sie verliebt sich schon bald in ihn. Kai tröstet Asta auch darüber hinweg, dass ihr enger und mittelloser Freund Joachim Ringelnatz schwer an Tuberkulose erkrankt ist. Asta und Kai verleben einen wunderbaren Sommer, doch nicht nur die politische Lage in Deutschland wirft seine Schatten voraus. Am Ende des Sommers muss Asta eine Entscheidung treffen, ob es mit Kai und vor allem wie es mit ihr weitergehen soll…

Sylvia Frank hat mit „Das Haus der Winde“ einen unterhaltsamen Roman vorgelegt, der sich an wahre Begebenheiten anlehnt und die einst berühmte Stummfilmdiva Asta Nielsen für einen Sommer vor der Kulisse der Ostseeinsel Hiddensee wieder lebendig werden lässt. Der flüssig-leichte, farbenprächtige und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser in der Zeit zurückreisen und sich in Asta Nielsens „Karusel“ einnisten, um den Bühnenstar ganz persönlich kennenzulernen und einen Sommer lang bei ihrem Treiben zu beobachten. Schon die Beschreibungen des Insellebens nebst der dort teil illustren Besucherschar sowie des architektonisch besonders reizvollen Hauses, das Asta ihr eigen nennt, sind so bildhaft, dass diese beim Leser während der Lektüre schöne Bilder vor dem inneren Auge hervorrufen und die herrschende Urlaubsstimmung übertragen. Während die 30er Jahre wieder aufleben, liegen Astas Gefühls- und Gedankenwelt wie ein offenes Buch vor einem und machen den Filmstar auf unaufgeregte Weise sehr nahbar. Die damalige politische Lage spitzt sich immer mehr zu, und Asta, die sich von den Nazis nicht vor den Karren spannen lassen will, steht vor wichtigen Entscheidungen, was sowohl ihr Berufs- als auch ihr Privatleben betrifft. Besonders interessant ist auch der Freundeskreis, bestehend aus dem Who is Who der damaligen Künstlerszene, mit dem sich Asta Nielsen umgibt, die auf eindrucksvolle Weise zeigen, dass man „gefallene“ Kollegen und Freunde nicht hängen lässt, sondern ihnen unter die Arme greift.

Die Charaktere sind facettenreich ausgestaltet und glaubwürdig inszeniert. Ihre überzeugenden menschlichen Eigenheiten lassen den Leser ihnen gern folgen, wobei er jedoch immer auf Abstand bleibt und eher den Posten eines Beobachters innehat. Asta Nielsen ist eine starke Frau, die weiß, was sie will und was nicht. Sie ist ihren Freunden gegenüber großzügig und hilfsbereit. Bereits mehrfach geschieden, sehnt sie sich mit 53 noch immer nach Glück. Die politische Lage zwingt sie dazu, den Fortgang ihrer beruflichen Karriere zu überdenken und diesbezüglich weitreichende Entscheidungen zu treffen. Kai ist ein sympathischer Mann mit einnehmendem Wesen, der mit seiner erfrischend unbekümmerten und vorlauten Art überzeugt.

„Das Haus der Winde“ spendiert nicht nur eine schöne Zeitreise in die 30er Jahre des letzten Jahrhunderts, sondern besticht auch mit Urlaubsfeeling, einer Liebesgeschichte und der eindrucksvollen Persönlichkeit von Asta Nielsen. Kurzweiliges und farbenfrohes Kopfkino mit verdienter Leseempfehlung!