Rezension

Den weißen Wurm treffen

Frontiersmen: Höllenflug nach Heaven's Gate - Wes Andrews

Frontiersmen: Höllenflug nach Heaven's Gate
von Wes Andrews

Bewertet mit 4 Sternen

„Viel hilft viel.“

Ja und zack, da waren die ersten 100Seiten runtergelesen, ohne dass ich inne halten konnte. Ja nicht einmal eine Randnotiz erlaubte ich mir. Warum ich dann doch unterbrochen habe als in der Geschichte ein Notruf ankam? Na weil irgendwann muss man einfach mal die Nase aus den Seiten heben.
Dieses Buch habe ich ja mit Spannung erwartet. Fans von Firefly sollen es mögen werden, hieß es. ‚Pflichtlektüre für Space Cowboys‘ verlangt die Taschenbuchrückseite. Und ich bangte: Ob es wirklich an diese staubige Gelassenheit von Firefly heran reichen wird? Oder wird es ein billiger Abklatsch sein? Im schlimmsten Fall nicht einmal verwandt mit der Einstellung von Joss Whedon?

Ich sag’ euch, einige Punkte direkt zu Anfang waren einfach genau das Versprochene. Staubig, Revolverig, Captain in Geldnöterig. Und darüber hinaus? John Donovan war mit seiner Offizierin nicht in einem Krieg, er hat keine heiße Metallschrauberin und auch keinen ‚the man they called Jayne‘- kein Shepperd und kein Arzt - es gibt keine geschmuggelte kleine Schwester an Bord und keine Zombie-Sadisten-Pax-ler.
Und jetzt rückwärts: Wes Andrews gibt uns echte Aliens. Sie sind grünhäutig und dank ihnen sind die Menschen überhaupt fähig ihren ‚intergalaktischen Vorgarten‘ zu verlassen und mittels ‚weißer Würmer‘ so genannter Transitfelder ihre Grenzen zu sprengen. Das hat die Menschheit auch gleich mal getan und expandiert. Darauf will ich aber jetzt nicht herum reiten. Sagte ich schon, dass die Peko grün sind?
 

„Ich bin direkt hinter Ihnen.“

Meine Damen und Herren, am Scharfschützengewehr der Besatzung der Marie-Jane sehen sie: Kelly, die blonde Studienabbrecherin! Seit über 40 Jahren ungeschlagen im Maschinenraum: Hobie (inklusive Zigarrenstummel)! Und am Padd, zuständig für die Feinelektronik, letzter seines Clans und noch Grün hinter den Ohren: Aleandro! Und jetzt einen tosenden Applaus für den allseits beliebten ‚Ghostrider‘: John!
Und hier unsere Nebencharaktere: - denn wenn man schon genau in den Sektor fliegt, für den gerade eine Reisewarnung verhängt worden ist, weil sich da der berüchtigte Ohrenabschneidende Peko Geonoj rumtreibt, dann lohnt es sich doch Passagiere mitzunehmen die genau da hin wollen -
Whiskeyexporteur Peabody, die Zwillinge: Jason und Janelle mit ihrem toten Daddy im Tank, Mrs Pennington, die für ihr Ungeborenes keinen Aufpreis zahlen musste, Veteran Langdon, der auf nen schönes Anwesen für seine Rente scharf is und deVries - der unbedingt vor 9 Uhr starten wollte.
Im Nacken sitzt John auch lediglich Mister Martell und eine goldene Imitatuhr, welche einen Countdown von 200 rückwärts in der Zeit dreht. Treibt John bis dahin die Schulden nicht ein und erlöst sich aus dem Griff dieses Ganovenbosses, setzt der ihn auf seine Liste und fängt an seine Crew zu erschießen - dafür hat er einen Typen, der mindestens so cool ist wie Bully Herbigs: Santa Maria (Sky du Mont), nämlich Santander.

Also ich hör’ hier ganz klar die Musik von Ennio Morricone! Ich wünschte nur John wäre ein wenig mehr wie Nobody. Er kommt mir trotz Mantel, Highnoon Ehrenduell und rauchendem Colt bisschen zu toll daher. So Momente eben in denen er andere ruhig mal abknallen dürfte, weil sie ihm mit 3 zu 1 eh nichts Gutes wollten, da kehrt sich dann das: Nein, ich bin viel besser als ihr, ich mach’ so was nicht! - Gen hervor. Als ob es jemals einem Menschen etwas gebracht hätte, seine Gegner aus welchen Gründen auch immer, leben zu lassen. Auf der einen Seite stellt Andrews diese Typisch-Mensch-Attitüden klar heraus und kreidet sie auch schonungslos an, vor allem im Vergleich: Wild West, Cowboy und Indianer … Wild Universe, Frontiersmen und Peko; andererseits sind die Menschen eben auch wirklich auf diesem Entwicklungsstand stehen geblieben und nicht einen Deut schlauer. Man nehme einen Western und packe ihn ins Weltall - that’s all.
Und verdammt noch eins, das funktioniert auch noch!
 

„Ich bin mir ziemlich sicher,
dass ich nicht in den Sonnenuntergang reiten werde.“

Nach dem Genuß der restlichen 300 Seiten: Der Firefly Vergleich ist durchaus berechtigt und in vielen Augenblicken wiederzuerkennen. Ich sage dennoch nicht, dass es eine billige Kopie ist. Nein, vielmehr empfinde ich es tatsächlich so, dass am anderen Ende des Universums diese beiden Geschichten in ein und derselben Realität spielen könnten. Was Andrews schafft ist glaubhaft zu versichern, dass man mit Colts einfach nicht auf die Außenhüllen der Schiffe und Raumstationen ballern sollte, is' dem Überleben jetzt nich' so zuträglich. Er spielt viel mit Idealen und Moralvorstellungen, klar auch mit dreckigen Jobs, Lug, Betrug und schwer durchzusetzenden Gesetzen. Was er gemacht hat: sich eine schöne Vorstellung vom ‚Raum‘ und den Reisen darin mittels Antrieb und diesen ‚Würmchen‘. Das gefiel mir, war eben mal ein klein wenig anders. Worin er sich keine Mühe gemacht hat, ist in den Problemen. Konzerne die sich anbiedern zu helfen, alles aufkaufen, ihre Angestellten wie Sklaven behandeln… das Ausbeuten der Pekos und sich dann Wunderns wieso die auf die Idee kommen Kriegsbemalung (in Rot) aufzulegen,- das sind alte Schuhe. Und da hätte ich mir wirklich mehr erwartet.

Die Crew untereinander verhält sich kameradschaftlich und freundschaftlich. Sie ist eben, mal nicht wie sonst grad frisch zusammengetrommelt, sondern einander bestens bekannt und rettet sich gegenseitig den Hintern. Captain Donovan steht aber doch sehr im Vordergrund um da einige Alleingänge aufs Parkett zu legen. Er ist halt echt ein Allround Held. Über Santana hätte ich persönlich gern mehr erfahren, aber um den ging es letztlich ja auch nicht, Martell brachte den Stein nur ins Rollen, damit die Mannschaft diesen Höllenritt auf sich nimmt. Und wenn ich ehrlich bin, hab’ ich zu keiner Sekunde geglaubt, es würde eine einfache Reise werden, das war immerhin allein vom Titel schon versprochen, schließlich fangen die Probleme schon VOR dem eigentlichen Flug an, zusätzlich werden dann auch noch weitere Zielscheiben dazu geworfen, bevor man überhaupt fraglichen 'Warnungszonen-Bereich' erreicht und dann werden alle Probleme säuberlich aufgedröselt und gelöst.

Fazit:

Falls ihr es bemerkt habt, ich versuche ein wenig meine Euphorie zu dämpfen um mal wieder runter zu kommen. Fällt mir aber wirklich nicht leicht, denn das Buch gefiel mir verdammt gut! Auch nicht übel nehmen kann ich in der Danksagung den Hinweis auf Wikipedia und den Einblick in die Inspiration des Autors. Ich finde so passt das. Einen Film sehen und sich denken: Was wenn das in einem Science Fiction angesiedelt wäre und adaptieren - funktioniert. Rad nicht neu erfinden Können - und so - ihr wisst schon. Von daher kann ich das durchaus nachvollziehen was Andrews hier getan hat, auch, dass der Film „Stagecoach“ („Höllenfahrt nach Santa Fé") einige Namensgleichheiten aufweist (Peacock). Das verbuche ich mal als Hommage und finde es gut, dass Andrews das auch ganz klar herausstellt. Außerdem, seht euch das Cover an, der Typ ist einfach wirklich genauso wie es das Cover verspricht, also mir macht das ja schon gleich Lust auf mehr.

Was der große Pluspunkt ist: Es ist ein Western im Weltall. Das größte Defizit: Es ist nur ein WesternSF. Ich gehe schwer davon aus, dass das noch steigerungsfähig ist. Mir fehlt da einfach der ganze Rest. *hüstel* Auch wenn es zB eine 'Neu Hessen' und 'Köttbullar' gibt und andere Verweise, kommt das ziemlich einseitig, möchte sagen engstirnig daher. Und das nächste Mal bitte etwas genauer Schätzen beim Zählen: über "ungefähr 20" Fremde die Verantwortung bei einer Flucht übernehmen ist in Ordnung, aber nachdem von denen 5 niedergeschossen/ abhanden gekommen sind immernoch zu behaupten es seien knapp 20 wirkt schluderig und kratzt am 'Ach ich bin gar nicht nett - ich bin voll der harte Hund, siehst du wie ich die Zähne fletsche?' - Image des Captains, der bis Oberunterkante voller Courage steckt- möchte zu gern wissen woher er den Mist hat!

Das Urteil wird mit orchestraler Musik eingespielt (weil so ein Auftritt unschlagbar ist).