Rezension

Deprimierend

Faserland - Christian Kracht

Faserland
von Christian Kracht

Bewertet mit 2 Sternen

Der Ich-Erzähler gerät auf seiner Reise immer wieder in ausschweifende Feiern mit Alkohol-, Drogen- und sexuellen Exzessen. Er bleibt diesen Ereignissen jedoch merkwürdig fremd. Es wirkt als suche er ein letztes Mal nach einer Möglichkeit sich mit der Gesellschaft zu identifizieren, aber dieser Versuch scheint von vornherein zum Scheitern verurteilt. Er wird Zeuge des Niederganges seiner Generation, was sich in seinen unglücklichen Jugenderinnerungen, dem Selbstmord eines Freundes sowie dem eigenen Fall widerspiegelt. Seine Freundschaften scheitern und haben damit keinen tatsächlichen Wert für ihn.
Er hat zudem ein Problem mit Deutschland, der „großen Maschine jenseits der Grenze“, die Dinge herstellt, die von niemandem beachtet werden. Die Lösung sucht er in der Schweiz, seinem Reiseziel.
Auf den knapp 160 Seiten des Romans schafft der Autor es an die 70 Markennamen unterzubringen. Sei es die Barbourjacke, Porsche, Jack Daniels, Swatch, Ariel oder die bahnbrechende Erkenntnis, dass Hanuta für Haselnusstafel steht.
Durch die mündliche Rede wirkt die Sprache sehr direkt, sehr realitätsnah, als erzähle der Hauptcharakter seine Geschichte von Angesicht zu Angesicht. Das ist zwar anfangs recht leicht zu lesen, hat mich aber auch recht schnell genervt. Der Ich-Erzähler ist nun mal nicht objektiv und so wird man gezwungenermaßen Teilhaber seiner depressiven Stimmung. Das macht das Lesen durchaus anstrengend. Es gibt sicherlich den einen oder anderen Moment, der zum Schmunzeln anregt, aber auf lange Sicht wird man beim Lesen eher selbst depressiv.
Da der Protagonist aus dem Milieu der vermögenden Schicht kommt, hat er zudem eine schon unerträgliche Leichtigkeit an sich. Das Auto lässt er einfach auf Sylt, es stellt sich nie die Frage wie teuer die Reise mit Flugzeug, Bahn und Taxi ist. Er benutzt all diese Verkehrsmittel mit einer schon unverschämt anmutenden Selbstverständlichkeit.
Warum heißt der Roman nun aber Faserland? Dazu gibt es mehrere Ansichten: Es könnte natürlich einfach das ähnlich klingende Vaterland gemeint sein in Analogie zu Deutschland oder aber die Faser beschreibt ein zerfasertes Land, eine Faser Deutschlands, wie sie z. B. entlang der Reiseroute gezogen werden kann. Beschaut man sich den Hauptcharakter, könnte auch das Wort „faseln“ von Bedeutung sein, was so viel heißt wie „wirr reden“. Gemeint sein könnte auch die „Faserung“, was auf Oberflächlichkeit hindeutet, tiefere Schichten bleiben verborgen. Ich denke, dass all diese möglichen Interpretationen einen interessanten Bezug zum Roman aufweisen.
Aber neben all diesen bemerkenswerten Bedeutungen für den Buchtitel bleibt letztlich ein Text, der deprimierend ist, vielleicht ja auch zum Nachdenken anregen mag, aber dennoch für gute Unterhaltung fast ungeeignet scheint. Das Buch lässt sich flüssig und schnell lesen, aber der Protagonist ist phasenweise derart unerträglich, dass man ihn einfach nehmen und schütteln möchte.
Der kritische Ansatz gefällt mir durchaus, doch reicht mir allein das nicht. Ich hätte mir noch eine gute Portion Humor gewünscht, aber so bleibt weder Zeit zum Lachen noch zum Weinen. Man fühlt sich einfach nur „schlecht“. Wenn das die Absicht des Autors war, dann ist es exzellent geglückt.

Fazit: Ein kurzer Roman, der zum Glück schnell gelesen ist. Die sicherlich gelungene Kritik an Deutschland u.a. vermag jedoch nicht über den deprimierenden Grundton des Buches hinwegzuhelfen. Für den Deutschunterricht bestimmt gut geeignet, aber als privates Leservergnügen definitiv nicht mein Favorit.