Rezension

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Der Titel ist noch das Beste

Hoffentlich schenkt er mir was Schönes! - Camilla Bohlander

Hoffentlich schenkt er mir was Schönes!
von Camilla Bohlander

Bewertet mit 1 Sternen

Cover

Das Cover ist knallig gelb und rot. Im Gegensatz zu anderen Frauenromanen dieser Zeit ist es aber schlicht - es passt nicht in das übliche Schema. Es wirkt nicht so vielschichtig, sondern eher eindimensional.

Inhalt

Line fliegt nach Australien um vor ihrem Liebeskummer zu fliehen. Dann fliegt sie wieder zurück, geht wieder arbeiten, trifft sich mit ihrer besten Freundin und deren Freund. Bis die sich trennen, und Line und Mel (die beste Freundin) die Suche nach neuen Partnern starten. Und als alles nichts hilft, versucht Line mehrere verschiedene Therapieansätze um wieder glücklich zu werden. 

Klappentext

Der Klappentext versucht aus dem Inhalt wenigstens das kleinste Quäntchen Positives rauszuquetschen. Es wird eine aktive, spritzige Geschichte suggeriert, die witzig und geistreich und tiefsinnig sein soll. Irgendwie funktioniert das aber nicht ganz. Von diesem Klappentext komme ich mir etwas verschaukelt vor.

Meinung

Der Anfang ist noch relativ vielversprechend, auch wenn der Stil schnell anstrengend wird. Line fliegt nach Australien zu ihrem besten Freund, der natürlich schwul ist um sich vom Liebeskummer zu erholen. Soweit zum üblichen Schema. Positiv feststellen kann ich hier, dass es ab hier nicht so voran geht, wie in ähnlich gelagerten Romanen. Negativ wäre dann die restliche Entwicklung zu nennen. Nachdem erzähltechnisch ziemlich wenig in Australien passiert ist, außer in Erinnerungen schwelgen, fliegt Line zurück und erlebt ein deprimierendes Gewirr aus Alltag und Abenteuer. Deprimierend deshalb, weil sie dank Liebeskummer nichts wahrnehmen will.

Deprimierend für den Leser ist der Stil und die absolute Handlungslosigkeit, das Fehlen jeglicher Entwicklung der Geschichte.

Stilistisch hält sich die Autorin an Sarkasmus, inneren Monologen und abstrusen Abschweifungen. Die Ich-Perspektive lässt dem Leser das Gefühl, etwas privates zu entdecken, ein bisschen voyeuristisch im Leben anderer zu schnüffeln. Das ist auch durchaus beabsichtigt, man will den Leser ja fesseln. Das funktioniert meistens ganz gut. 

Hier auch, auch wenn der Rest nicht überzeugen kann, immerhin lese ich weiter. Ich finde den Sarkasmus furchtbar. Damit verbinde ich keine Leichtigkeit, wie sie solche Romane ausstrahlen sollen.

„Dann ist der Beziehungs-Drops aber meist mehr als gelutscht und das Kind nicht nur in den Brunnen gefallen, sondern dort bereits ersoffen.“ (S. 112). Klassischer Fall von zu viel gewollt. Ein netter bekannter Spruch reicht nicht, es muss auch noch eine Metapher herhalten und ins Bodenlose gezogen werden. So geht das quer durch alle Seiten. So unernst der Stil gemeint ist, so unlustig ist die Geschichte im Allgemeinen und Besonderen. 

Der Klappentext ist irreführend. Mel, ihre beste Freundin (mit der sie aber keinerlei Gespräche führen kann), ist auch wieder solo - erst nach der Hälfte des Buches. Alles was bis dahin passiert scheint nicht nur für den Klappentext sinnlos sondern überhaupt für die Geschichte. Line ist nicht depressiv, sie bemitleidet sich selbst - ohne Mann ist sie kein vollwertiger Mensch, dabei sind ihre Ansprüche ziemlich gering. 

Philip, ihr Ex, ist DAS Thema, dabei taucht er gerade nur oft genug auf, dass man ihm eine Existenz bescheinigen kann. Dabei weiß Line ganz genau, dass er nicht ihr „Gegenstück“ gewesen ist, sondern nur irgendein Mann, der die Ehre hatte, ihre „bessere“ Hälfte zu sein. Schließlich könnte jeder Mann diese Rolle erfüllen, denn mit ihrem nicht vorhandenen Selbstwertgefühl gibt es sie quasi gar nicht ohne Mann. Soviel Selbsthass hab ich selten erlesen. Und auch wenn ich die Absicht dahinter zu erkennen glaube (nämlich möglichst realitatsnah die schwierige Gedankenwelt einer Frau darzustellen), empfinde ich es als nicht besonders gelungen.

Auch als nicht emanzipierte Frau empfinde ich Line als traurige Randgestalt. Es soll wohl witzig und selbst-reflektiert, tiefsinnig und pointiert sein, was sie so in inneren Monologen von sich gibt. Dabei ist es nur irritierend, wie unselbstständig sie ist.

„Bin ich auch nicht die Erste!“ (S. 114) - Umgangssprache wirkt nicht immer positiv. Es ist eher nervtötend, wenn man dem pausenlosen, sinnentleerten Geschwafel einer Ohne-einen-Mann-kann-ich-nicht-leben-Tussi lauschen muss.

„Ich will mich schließlich noch an ihn heften, da kann ich ihn ja nicht jetzt schon beim Wort nehmen und doof finden.“ (S. 180) - und sowas meint sie ernst. 

So ein selten dummes Verhalten soll sich wohl an der Realität orientieren, in der wir auch nicht immer die klügsten Entscheidungen treffen. Ich hoffe jedoch, dass wir uns nicht ständig sehenden Auges für die falsche Seite entscheiden. Und selbst wenn, wäre es keine Entschuldigung für diesen Ausrutscher von Buch!

Der ganze Roman ist ziemlich unnötig. 200 Seiten lang wird sich bemitleidet und in Dreck gesuhlt. Um dann, dank Clara, den großen Durchbruch zu erhalten.

Clara ist ein Nebencharakter, die weder vorgestellt wird, noch außer einem Auftritt in der Bar überhaupt weiter auftaucht. Die aber am Ende zur Schlüsselfigur wird. Die Therapieansätze, die im Laufe des Buches vorgestellt werden, vier insgesamt, werden überspitzt und lächerlich gemacht. Bis auf die Vierte. Die ist des Rätsels Lösung (vorgestellt von Clara!) und sie besteht aus: Zuhören!

Fazit

Ich bin etwas abschweifig geworden. Und gehässig. Und wirr. Also hab ich mich ungefähr an den Vorgaben des Romans gehalten. Je länger ich nach Beendigung der Lektüre darüber nachdenke, desto schlimmer finde ich es. Der Gesamteindruck ist äußerst negativ. Die Stimmung ist mies. Der Witz ist komplett an mir vorbei gegangen. Ich kann dieses Buch niemandem guten Gewissens empfehlen.