Rezension

Der traurige Rest birgt Hoffnung...

Der kleine Rest des Todes - Ulla Lenze

Der kleine Rest des Todes
von Ulla Lenze

Bewertet mit 5 Sternen

Wer bleibt zurück, wenn jemand stirbt? Geliebte Menschen und diese trauern. Mal leise, mal laut. Mal verwirrt, mal ohne Tränen. Welche Trauer ist richtig, welche ist unangemessen? Diese Frage scheint sich auch Ariane zustellen, obwohl sie genau weiß: Seitdem ihr Vater gestorben ist, ist sie leer.

Erinnerungen tauchen auf, an die sie schon lange nicht mehr gedacht hat. Sie zerreißen sie und da, wo sie Halt sucht, ist niemand da. Ihr Ex-Freund hat keine Zeit, ihre Affäre empfindet sie als anstrengend, ihre große Schwester versteht ihre Leere nicht.

Sie sammelt den kleinen Rest des Todes. Das Winken, den 200 Euroschein, das letzte schiefe Lächeln und irgendwann kommt ihr wieder jemand entgegen'.

Die Ich- Erzählerin ist fast aus Glas, als die Geschichte beginnt. Fünf Tage sind vergangen und jedes Wort kommt einer Anklage gleich. Jedes Wort, dass Ulla Lenze schreibt fügt sich in die Leere ihrer Ich-Erzählerin.

Mit dem Gefühl in dieser Leere zu wohnen, beginnt man Ariane zu verfolgen. Man sitzt in ihrem Kopf, wenn der Vater wieder winkt. Man nimmt sie im Geist an die Hand und will sagen: Es ist gut so zu trauern. Sie ist ziemlich allein, verwirrt, ohne Geld und Strom. Und mit wenigen Worte fühlt man all das.

Man überlegt, wie es gewesen ist, als selbst jemand starb. Überlegt welche Erinnerungen man noch hat, welche es überhaupt gab. Trauer ist nichts neues, Trauer einer alter Hut in der Literatur. Und doch trauert Ariane anders, mehr, bedingungsloser. Der Leser merkt, dass man durch Trauer auch gewinnen kann. Es gibt mehr Erinnerung, mehr Rettung und später mehr Verständnis für den Verstorbenen.

Ich mochte Ariane, die am Anfang zart war. Später aufbrausend und gegen den Strom, weil es ihr gerade half und niemandem sonst. Es ist ein Einblick in eine Trauer, die helfen kann.