Rezension

Der Zyniker mit dem Herz aus Gold

Die kalte Kralle - Sam Millar

Die kalte Kralle
von Sam Millar

Eines Morgens liegt, fein säuberlich abgetrennt, eine Hand vor der Haustür des Privatdetektivs Karl Kane, über deren Herkunft er nur spekulieren kann – entweder will ihm jemand drohen, oder die Katze hat sie aus einem Müllcontainer geholt und vor die Tür gelegt. Als kurze Zeit später ein zweites Exemplar in der Stadt auftaucht, sind Karl und sein Freund, der Pathologe Tom Hicks alarmiert, denn das scheint dann doch ein Zufall zu viel zu sein. Und als dann auch noch eine fünfstellige Belohnung für die Ergreifung des Täters ausgesetzt wird, gibt es für ihn kein Halten mehr.

Zur gleichen Zeit sucht ihn eine neue Klientin auf. Jemma Doyle ist auf der Suche nach ihrem seit vielen Jahren spurlos verschwundenen Onkel, denn ihr Vater hat nur noch den einen Wunsch, nämlich die Streitereien aus der Welt zu schaffen und sich mit ihm zu versöhnen. Und so beginnt Karl Kane zu ermitteln…

Nach „Die Bestien von Belfast“ und „Die satten Toten“ ist „Die kalte Kralle“ der dritte Teil der Thriller-Reihe des nordirischen Schriftstellers Sam Millar. Hauptfigur ist Karl Kane, der knorrige Privatdetektiv, ein Zyniker mit dem Herz aus Gold, der an chronischem Geldmangel leidet und deshalb immer ein offenes Ohr für eventuelle Aufträge hat, wobei er aber nie seine moralischen Grundsätze verkaufen würde.

Kane ist ein sympathischer, ehrlicher Typ. Bei ihm gibt es kein Drumherumgerede, und jeder, der mit ihm zu tun hat, weiß sofort was Sache ist. Die Fälle, mit denen er zu tun hat sind schon etwas ungewöhnlich – da werden die Opfer gemästet oder gehäutet - und die Ursachen für die verübten Verbrechen liegen meist in der Vergangenheit. So auch hier, denn Millar erzählt in „Die kalte Kralle“ die Geschichte einer Schuld, die gesühnt werden muss.

Aufgeteilt ist dieser hochspannende Roman in zwei Teile, die passenderweise mit „Citizen Kane“ und „Kane kann’s“ überschrieben sind. Den einzelnen Kapiteln sind jeweils Filmtitel – ausnahmslos cineastische Highlights, die ich sehr schätze – sowie zur Handlung passende Zitate aus der Bibel, Filmen und Literatur (hier auffallend viel Chandler) vorangestellt und treiben durch ihre Kürze die Handlung stetig voran.

Ich schätze den trockenen Humor und Sarkasmus des Autors ebenso sehr wie seine ungeschminkte Sprache – Sam Millar ist ein mitfühlender, aber auch streitbarer Zeitgenosse, der dafür verantwortlich ist, dass „Scumbag“ mittlerweile zu meinem aktiven Wortschatz gehört ;-)

Und wem die Wartezeit auf den vierten Band mit Karl Kane zu lange wird, sollte die Autobiografie Sam Millars „On the Brinks“ lesen, die spannender als jeder Krimi ist!